Buch 3 - 1. Kapitel

Jesus Christus, Gott und Mensch, der zur Erde kam, um Menschengestalt anzunehmen und die Seelen mit seinem Blute zu erlösen, der mit seinem Licht gezeigt hat, wie ein wahrer Lebenswandel ist, und der die Pforte des Himmels geöffnet hat, der sendet mich zu euch. „Höre“, sagte er, „denn dir ist es vergönnt, geistliche Dinge zu hören. Wenn dieser Bischof sich entschließt, den schmalen Weg zu gehen, den nur wenige wandern, und einer von den wenigen zu sein, soll er erst die Last ablegen, die auf ihm liegt und ihn beschwert, nämlich die Lust nach weltlichen Dingen. Die soll er nur dazu benutzen, was er nötig braucht, nämlich dafür, was für den anspruchslosen Lebensunterhalt eines Bischofs erforderlich ist. So tat es der gute Matthäus, der von Gott berufen wurde; er ließ die schwere Bürde der Welt fahren und fand stattdessen eine leichte Bürde.

Zweitens soll er gegürtet sein wie ein Reisender, wie die Schrift sagt. Als Tobias zu seiner Fahrt bereit war, fand er einen gegürteten Engel dastehen. Was bedeutet das, dass der Engel gegürtet war, anders, als dass jeder Bischof mit dem Gürtel der Gerechtigkeit und göttlichen Liebe gegürtet sein soll, und bereit sein, den Weg zu gehen, auf dem der ging, der sagte: „Ich bin der gute Hirte, der mein Leben für meine Schafe gibt.“

Er sollte auch mit seinen Worten bereit sein, die Wahrheit zu sagen, und mit seinen Taten Gerechtigkeit zu üben, sowohl gegen sich selbst als auch gegen andere, und soll er wegen Drohungen oder Schmähungen. aus falscher Freundschaft oder falscher Furcht nicht von der Gerechtigkeit abweichen. Zu jedem Bischof, der sich auf diese Weise gegürtet zeigt, soll Tobias kommen, d.h. rechtfertige Menschen, die seiner Lebensart folgen wollen.

Drittens sollte er Brot und Wasser zu sich nehmen, bevor er eine Fahrt antritt, wie es von Elia heißt, dass er an seinem Kopfende Brot und Wasser fand, als er aus dem Schlaf geweckt wurde. Was bedeutet dies dem Propheten gegebene Brot anders, als das leibliche und geistige Brot, das ihm zugeteilt wurde? Denn in der Wüste wurde ihm leibhaftiges Brot beschert.

Gott hätte den Propheten gewiss auch ohne leibliche Speise ernähren und erhalten können, aber er wollte ihm trotzdem wirkliches Brot bescheren, damit der Mensch verstehen sollte, dass es Gott wohlgefällig ist, wenn er einen mäßigen Gebrauch von Gottes Gaben zur Erquickung des Leibes macht. Der Prophet wurde außerdem von der Eingießung des Geistes ernährt, als er 40 Tage mit der Stärkung dieser Speise gehen musste. Und wenn nicht eine innere Salbung der Gnade in seinen Sinn gegossen wäre, wäre er sicher während der Anstrengung der 40 Tage umgekommen, denn er war an sich ein schwacher Mann, aber von Gott erhielt er die Kraft, einen so langen Weg zu vollenden.

Da der Mensch von jedem Worte Gottes lebt, ermahnen wir also den Bischof, ein Stück Brot zu verzehren, d.h. Gott über alle Dinge zu lieben. Dieses Brotstück wird er an seinem Kopfende finden, d.h. weil seine Vernunft ihm sagt, dass er seinen Gott über alles lieben soll, mehr als alles andere, weil Gott ihn geschaffen und erlöst hat, sowie auf Grund von Gottes langer Geduld und Güte mit ihm.
Wir bitten ihn ja auch darum, etwas Wasser zu trinken, d.h. im Innern die Bitterkeit von Christi Pein zu bedenken. Denn wer vermag die Not von Christi Menschlichkeit würdig zu bedenken, wie er gelitten hat, als er bat, dass der Kelch des Leidens ihm erspart bliebe, und als sein Schweiß wie Blutstropfen zu Boden fiel?

Soll der Bischof also dieses Wasser zu dem Brot der Liebe trinken! Dann soll er gestärkt werden, auf Jesu Christi Weg zu wandeln. Wenn der Bischof nun, nachdem er den Weg der Erlösung angetreten hat, weiterwandern will, so ist es nützlich für ihn, von der ersten Stunde am Tage an Gott von ganzem Herzen zu danken, gewissenhaft an seine Werke zu denken und Hilfe von Gott zu erbitten, seinen Willen zu tun. Wenn er dann die Kleider angezogen hat, soll er wie folgt beten: „Asche soll bei Asche und Staub bei Staub sein.“ Aber nachdem ich durch Gottes Vorsehung Bischof bin, bekleide ich doch dich, meinen Leib, mit Kleidern, die von Erde sind, nicht aus Hochmut oder um mich schön zu machen, sondern um mich zu bedecken, damit nicht meine Nacktheit zu sehen ist.

Ich kümmere mich nicht darum, ob meine Tracht besser oder dürftiger ist; sie ist nur so, dass das Bischofsgewand zu Gottes Ehre zu erkennen ist, und die bischöfliche Autorität durch die Tracht herausgestellt wird, zur Weisung und Erleuchtung anderer Menschen. Daher bitte ich dich, mildester Gott, dass du mir einen standhaften Sinn gibst, so dass ich vom Wert der Asche und des Staubes hochmütig werde oder töricht mit Farben des Staubes prunke. Sondern verleihe mir Stärke, dass – wie die Bischofstracht von anderen verschieden und auf Grund von göttlicher Ermächtigung ehrenwerter ist – dass die Tracht meiner Seele bei Gott ebenso würdig erscheinen möge, und ich nicht zur Strafe für unklugen und unwürdigen Gebrauch meiner Vollmacht umso tiefer sinke oder zu meiner Verdammnis meine Kleider umso schimpflicher verliere, weil ich in eitler Weise eine ehrenwerte Tracht getragen habe.“

Dann soll er die Hören lesen oder singen, denn eine je höhere Würde ein Mensch erreicht hat, eine umso größere Ehre soll er Gott erweisen. Doch gefällt Gott ein reines Herz sowohl im Schweigen als auch im Gesang, wenn der Mensch mit anderen gerechten und nützlichen Arbeiten beschäftigt ist. Nachdem er die Messe gelesen hat, mag der Bischof sein Amt ausüben, und er soll genau darauf achten, dass er sein Augenmerk nicht mehr auf das Zeitliche als auf das Geistliche richtet. Wenn er zu Tisch geht, soll er einen solchen Gedenken haben: „O Herr Jesus Christus, der du mir anbietest, diesen gebrechlichen Leib mit leiblicher Speise zu erhalten, hilf mir, dass ich meinen Körper wohl mit dem Notwendigen versehe, aber dass sich das Fleisch nicht auf Grund von Überfluss im Essen vermessen gegen die Seele auflehnt und auf Grund unverständiger Enthaltsamkeit in deinem Dienst erlahmt. Schenke mit eine passende Mäßigkeit, so dass der Herr nicht zum Zorn über mein Erdendasein gereizt wird.“

Wenn er bei Tisch sitzt, sei ihm eine maßvolle Erquickung und ein Gespräch erlaubt, in dem Leichtfertigkeit und Nichtigkeit vermieden werden sollen. Und es soll kein solches Wort gesprochen oder gehört werden, wodurch die Zuhörer zur Sünde verlockt werden, sondern alles soll ehrbar sein und der Seele zum Nutzen dienen. Denn so wie bei einem irdischen Mahl alles geschmacklos ist, wo Brot und Wein fehlen, so sind an einem bischöflichen und geistlichen Tisch, wo gute Bildung und Ermahnung fehlen, alle aufgetragenen Gerichte geschmacklos für die Seele.
Und deshalb soll, damit man keine Gelegenheit zu leerem Geschwätz erhalten soll, etwas bei Tisch vorgelesen werden, wodurch die bei Tisch sitzenden Gäste erbaut werden können. Wenn die Mahlzeit beendet ist und man Gott für das Essen gedankt hat, soll er wieder an seine Arbeit gehen oder Bücher lesen, mit denen er seine Seele erquicken kann. Nach dem Abendessen mag er sich mit den Freunden seines Umgangs zerstreuen.

Aber wie eine Mutter, wenn sie ihr Kind entwöhnen will, die Brust mit Asche oder etwas anderem Bitteren bestreicht, bis das Kind sich von der Muttermilch entwöhnt hat und sich an festere Speise gewöhnt, so sollte der Bischof seine Freunde und Diener mit solchen Worten zu Gott hin lenken, aus denen sie lernen, Gott zu fürchten und zu lieben, so dass er durch die ihm von Gott verliehene Autorität ihr Vater und durch geistliche Erziehung ihre Mutter sein kann.
Und wenn er weiß, dass einer von seinen Hausangestellten bis zum Tod der Seele sündigt, und dieser sich auch nach erfolgter Ermahnung nicht bessert, soll er den entlassen. Denn er wird von seiner Sünde ja nicht unbefleckt, wenn er ihn aus zeitlichem Nutzen oder Bequemlichkeit behält.

Wenn er zu Bett geht, sollte er gewissenhaft die Werke des vergangenen Tages und seine Stimmungen prüfen und denken: O Gott, der du meinen Leib und meine Seele geschaffen hast, schau in deiner Barmherzigkeit auf mich und schenk mir deine Gnade, so dass ich nicht durch übermäßig langes Schlafen deinen Dienst versäume, und auch nicht durch kurzen und unruhigen Schlaf in deinem Dienst ermüde, und gib mir zu deiner Ehre den angemessenen Schlaf, den du uns zur Erquickung des Leibes verordnet hast, und schenke mir Kraft, so dass mein Feind der Teufel mich nicht beunruhigt oder mich von deiner Milde trennt.“
Wenn er aus dem Bett aufsteht, soll er sich mit der Beichte reinigen, falls sich das Fleisch einige Versäumnisse hat zu Schulden kommen lassen, so dass nicht der Schlaf der nächsten Nacht mit den Sünden der vergangenen begonnen wird.“