15. Kapitel

Weiter spricht die Mutter zur Braut und sagt: ”Ich habe dir noch einen anderen Bischof gezeigt, den ich ”Hirten der Herde” genannt habe. Ihn vergleichen wir am besten mit einer Stechfliege, die die Farbe des Erdbodens hat, die mit lautem Brummen fliegt und die unerträglich sticht, wo immer sie sich hinsetzt.
So hat dieser Hirte auch die Farbe des Erdbodens, denn obwohl er ja zur Armut berufen wurde, würde er doch lieber reich als arm sein, lieber andere lenken, als sich unterordnen, lieber seinen eigenen Willen haben, als dadurch in Zucht genommen werden, dass er anderen gehorcht.

Er fliegt auch mit lautem Geräusch, denn anstelle von frommen Predigten fließt er über von wortreicher Beredsamkeit, statt über die Lehre von geistlichen Dingen disputiert er über nichtige Dinge der Welt, und anstatt der heiligen Einfachheit seines Ordens zu folgen, rühmt er die Eitelkeit der Welt und eifert ihr nach.
Er hat außerdem zwei Flügel, d.h. er denkt an zwei Dinge. Das erste ist, dass er allen schöne und angenehme Worte sagt, damit er von allen geehrt wird. Das zweite ist, dass er will, dass alle sich ihm beugen und ihm gehorchen. Weiter sticht die Bremse scheußlich, und in ähnlicher Weise sticht dieser Bischof zum Verderb der Seele. Denn obwohl er Arzt der Seelen ist, klärt er die, die zu ihm gehen, nicht über ihre Gefahr und ihre Krankheit auf und benutzt nicht das Amputiermesser, sondern er macht ihnen schöne Worte, damit er sanft genannt wird und von niemandem gemieden wird.

Sieh, mit diesen beiden Bischöfen ist es etwas sehr Sonderbares. Der eine sieht nach außen arm, einsam und demütig aus, damit er „geistlich“ genannt wird. Der andere wünscht sich, weltliche Dinge zu besitzen, damit er barmherzig und freigebig genannt wird. Der eine will ein Habenichts scheinen, und möchte doch heimlich alles zu besitzen. Der andere will offen vieles haben, damit er viel verschenken kann und dann sehr geehrt wird. Daher wird es gehen, wie ein allgemeines Sprichwort sagt: Weil mir diese so dienen, dass ich es nicht sehe, will ich sie so belohnen, dass sie es nicht sehen.

Du möchtest wissen, warum solche (Bischöfe) für ihre Verkündigung gerühmt werden. Ich antworte dir: Manchmal spricht ein Böser für Gute, und bei diesen wird Gottes guter Geist eingegossen, nicht weil der Lehrer gut ist, sondern durch die Worte des Lehrers, in denen Gottes guter Geist zu den Frommen unter den Hörern redet. Manchmal spricht auch ein Guter für Böse, die dann durch das, was sie hören, gut werden, sowohl auf Grund von Gottes gutem Geist, als auch durch die Güte des Lehrers.

Manchmal spricht auch ein kalter Mensch für Kalte, damit die kalten Zuhörer das, was sie gehört haben, zu abweisenden glühenden Menschen bringen, so dass diese, wenn sie es hören, noch mehr glühend werden. Deshalb darfst du nicht betrübt sein, zu welchen du auch gesendet werden magst, denn Gott ist wunderlich und wirft Menschen das Gold unter die Füße, setzt aber das Schmutzige den Sonnenstrahlen aus.“