52. Kapitel

Birgitta spricht): Gesegnet seist du, Himmelskönigin, die keinen Sünder abweist, der dich von ganzem Herzen anruft! Höre mich, obwohl ich unwürdig bin, meinen Mund zu öffnen, um dich anzurufen! Ich weiß ja, dass ich, wenn ich nicht durch deine Hilfe gestützt werde, mich nicht selber steuern kann, denn mein Körper ist wie ein ungezähmtes Tier, dass – wenn man ihm keinen Zaum ins Maul legt, nach allen Plätzen läuft, wo es gewohnt ist, seine Befriedigung zu finden.

Mein Wille ist wie ein Vogel, denn er will ständig den flüchtigen, vergänglichen Gedanken folgen und mit ihnen fliegen. Deshalb bitte ich, dass du meinem Körper Zügel anlegst, sobald er an Stellen laufen will, die deinem Sohn missfallen. Leite ihn dorthin, wo er den Willen deines Sohnes erfüllen kann! Halte auch den Vogel zurück, der mein Wille ist, so dass er nicht weiter fliegt, als es deinem Hochgeliebten Sohn gefällt!“

Die Jungfrau erwiderte: „Ein Gebet, das aus einem frommen Herzen zu Gottes Ehre ausgegossen wird, verdient gehört zu werden, so dass es erfüllt wird. Wenn du nun bittest, dass dir ein Zügel an deinen Leib gelegt werden möge, so dass er nach Gottes Willen gesteuert werden kann, so wisse, dass dies auch dem nützt, dass ihm eine Bürde auferlegt wird, eine Bürde, die dem Steuernden zur Ehre dient, damit dein Wille so wird, dass du lieber schweigen willst, als dich mit Weltmenschen unterhalten, und dass es dir angenehmer scheint, in deinem Heim Armut zu leiden, als alle Reichtümer im Hause großer Männer anzuschauen, und dass du dich nicht um ihre Feindschaft kümmerst, wenn du nur Gottes Freundschaft verdienst. Sieh, die Bürde lege ich auf dich, so dass du ein paar Worte sagen kannst, die Gott gefallen.“