60. Kapitel

Während die heilige Birgitta betete, offenbarte sich Christus und sagte zu ihr: „Wisse, dass die Männer, die zur Zeit des Alten Testaments geistlich zu sein schienen, Pharisäer genannt wurden. Sie zeichneten sich durch drei Dinge aus. Sie wuschen sich dauernd, um sauber zu scheinen, sie fasteten und beteten offen, um heilig genannt zu werden, und sie lehrten und machten viele Vorschriften, die sie doch selbst nicht einhielten. Aber nur wenige taten das für Gott, da ihre Absicht verkehrt und ihre Seele unrein war.

Wie das Waschen des Fleisches also nicht der unreinen Seele nützt, wenn das Gewissen nicht gereinigt wird, so schadet auch das Waschen des Körpers nicht der reinen Seele, wenn es nur aus klugem Mitgefühl und ohne Vergnügen geschieht. Deshalb hat es mir mehr gefallen, dass du deinem Magister gegen deinen Willen gehorchtest, als wenn du deinen Willen gegen seinen Befehl durchgesetzt hättest. Denn viele von meinen Auserwählten haben weder Zugang zu körperlichen Heilmitteln oder anderen Erleichterungen für das Fleisch gehabt und haben mir doch gefallen, während andere, je nach den Erfordernissen der Zeiten, der Plätze und verschiedener Krankheiten, Heilmittel angewandt und mir doch nicht missfallen haben, nachdem sie alles getan hatten, um mir zu dienen. Ich mag also den Gehorsam lieber, der nichts vom eigenen Wille hat, also ein großes Opfer.“