65. Kapitel

Christus spricht: „Ich rate euch, vier Stunden vor Mitternacht und vier nach Mitternacht zu schlafen. Wer das nicht kann und doch den guten Willen hat, dem soll dieser Wille zum Nutzen dienen. Wer auf vernünftige Weise etwas von dieser achtstündigen Schlafenszeit entbehren kann, so dass er nicht an körperlichen Sinnen oder Kräften geschwächt wird, dem wird dies zu größerem Verdienst gereichen.

Dann mögt ihr vier Stunden haben, um eure Gebete zu lesen und andere fromme und nützliche Werke zu verrichten, so dass keine Zeit fruchtlos vergeht. Dann könnt ihr zwei Stunden bei Tisch sitzen, aber wenn ihr eine kürzere Zeit dafür verwenden könnt, wird euch Gott belohnen. Und jedenfalls soll diese Zeit keinesfalls ohne vernünftigen Grund verlängert werden.

Dann sollt ihr sechs Stunden haben, um die notwendigen Sachen zu verrichten, die euch erlaubt und befohlen werden. Dann sollt ihr zwei Stunden zur Vesper, zum Kompletorium und frommen Gebeten verwenden, und dann zwei Stunden beim Abendbrot zu essen und zu trinken und zu ehrbarer Erquickung und Freude des Leibes.

Wenn ihr am Morgen das Bett verlassen habt, sollt ihr vier Stunden Schweigen einhalten, so dass ihr nicht ohne Erlaubnis redet und nur das Notwendige sagt, und dies mit so wenig Worten wie möglich, falls man von euch Antwort haben möchte. Dann wird euch erlaubt, eine maßvolle und ehrbare Erquickung zu haben, zu körperlicher Freude und Entspannung.

Nach dem Tischgebet sollt ihr Schweigen einhalten, bis ihr die euch vorgeschriebenen Gebete gelesen habt. Sechs Stunden sollt ihr nach der Vorschrift eures Magisters verwenden, um zu lernen oder etwas Nützliches zu tun, und da könnt ihr sprechen, mit wem ihr wollt, d.h. das reden, was ehrbar und nicht wider Gott ist. Bei der Vesper und beim Kompletorium sollt ihr Stille bewahren, und in der kurzen Zeit, die danach bis zum Abendessen übrig ist, könnt ihr sittsame Worte miteinander sprechen und euch erholen, bis ihr zu Bett geht.

Ich habe im Evangelium gesagt, dass der, der in meinem Namen einen Becher kalten Wassers gibt, nicht ohne Lohn bleiben wird. Ebenso soll jeder Verzicht (wenn auch noch so klein), der mir zur Ehre geleistet und fromm vollbracht wird, eine würdige Belohnung von mir erhalten. Ihr wisst wohl über das Fasten Bescheid, das ihr halten könnt, wenn ihr auf Reisen seid. Wenn ihr im Kloster seid, so hättet ihr vielleicht mehr Freiheit und Überfluss. Nehmt daher das für den Körper Notwendige mit klugem Maß ein. Benutzt eine Art Suppe – sei es Kohl oder eine andere Art von Suppe – aber lasst die die übrigen Sorten sein – um Gottes Willen. Es ist euch erlaubt, zwei Arten von Fleisch oder Fisch bei Tisch zu haben. Was mehr ist, darauf sollt ihr verzichten, um mich zu ehren.

Esst das Brot, das euch vorgesetzt wird, und wenn ihr mehr braucht, als das, was aufgetragen wurde, so bittet euren Magister in meinem Namen darum. Und dieselbe Anordnung, die über das Brot gegeben ist, soll auch für Getränke gelten. Wisst auch, dass der, der krank ist, nicht die Regel im selben Ausmaß halten kann, wie der Gesunde und Kräftige. Deshalb kann er um das bitten, was er braucht, und wenn man das hat, soll es ihm nicht verweigert werden.

Nachdem ihr weiter beschlossen habt, nichts zu besitzen, sollt ihr auch nichts ohne Erlaubnis Fortgeben oder ohne Erlaubnis etwas annehmen, was euch angeboten wird. Ich warne euch auch vor den Fallstricken und Listen, die der Teufel euch jede Stunde auslegt, und ich rate euch, dass ihr genau auf die Worte Acht gebt, die ihr unbedacht zu den Zeiten aussprecht, in denen Schweigen vorgeschrieben ist, und dass ihr eine wahre Beichte darüber ablegt und die erforderliche Wiedergutmachung dafür leistet. Und wenn man in euren Worten etwas Unnützes und eine nicht klug erwogene Rede oder Antwort findet, da muss die Buße und Wiedergutmachung desto größer sein.

Wenn jemand in eiliger Stimmung oder im Zorn auf jemanden losfährt, soll man möglichst bald einen geeigneten Platz aufsuchen und dort ein Ave Maria lesen und Gott demütig um Verzeihung bitten. Jeden Freitag sollt ihr zum Schuldkapitol kommen mit der Absicht, dass ihr eure Versehen nicht verbergen oder wiederholen wollt, sondern demütig alles bessern, wie es euch auferlegt wird.“