23. Kapitel

Dieser Mann scheint von den Menschen einem gut geschmückten, starken und schönen Mann zu gleichen, tapfer in den Kriegen seines Herrn, aber wenn der Helm von seinem Haupt abgenommen ist, ist er abscheulich anzusehen und unnütz, zu arbeiten. Sein Hirn scheint nämlich leer; er hat die Ohren in der Stirn und die Augen im Nacken, seine Nase ist abgeschnitten und seine Wangen verschrumpft wie bei einem toten Mann; auf der rechten Seite ist sein Kinn ebenso wie die Kiefern und die Hälfte der Lippen ganz und gar fortgefallen, so dass auf der rechten Seite nur allein die Kehle übrig ist, die offen ist.

Seine Brust ist voll von hervorquellenden Würmern. Seine Arme sind wie zwei Schlangen. In seinem Herzen wohnt der schlimmste Skorpion. Sein Rücken ist wie eine verbrannte Kohle. Seine Eingeweide sind stinkend und verfault wie verdorbenes Fleisch. Seine Füße sind tot und untauglich, damit zu gehen.

Ich will dir sagen, was dies bedeutet. Äußerlich scheint er den Menschen mit guten Sitten und Weisheit geschmückt zu sein und scheint tapfer darin, mir zu dienen und mich zu ehren, aber keineswegs ist er so. Wenn der Helm von seinem Haupt genommen wird, d.h. wenn den Menschen gezeigt wird, wie er wirklich ist, würde er schlimmer sein, als alle anderen. Sein Hirn ist leer, die Torheit und Leichtfertigkeit seiner Sitten zeigt guten Menschen mit den deutlichsten Zeichen, dass er einer solchen Ehre unwürdig ist.

Denn wenn ihm meine Weisheit schmecken würde, würde er verstehen, dass er sich mit einem so viel strengeren Lebenswandel als andere schmücken sollte, nachdem er zu größerer Ehre als andere erhöht worden ist. Er hat die Ohren auf der Stirn, denn statt der Demut, die er in seiner hohen Würde haben müsste, um ein Licht für andere zu sein, will er nur sein eigenes Lob und seine eigene Ehre hören, und dadurch wird er hochmütig, so dass er von allen groß und gut genannt sein will.

Er hat die Augen im Nacken, denn sein ganzes Denken ist auf das Gegenwärtige und nicht auf das Ewige gerichtet, wie er den Menschen gefallen könnte, und was dem Nutzen des Fleisches deinen könnte. Seine Nase ist abgeschnitten, denn ihm fehlt alles kluge Urteilsvermögen, mit dem er Sünde und Tugend, Zeitliches und Ewiges, die Reichtümer der Welt und die ewigen, diese kurzen Freuden und die ewigen unterscheiden könnte.

Seine Wangen sind eingefallen, d.h. all die Ehrfurcht, die er für mich haben sollte, und die Schönheit der Tugenden, womit er mir gefallen würde, das alles ist für meinen Dienst erstorben. Denn aus Scheu vor den Menschen, nicht meinetwegen schämt er sich zu sündigen. Ein Teil des Kiefers und der Lippen sind abgefallen, so dass nichts außer der Kehle übrig ist. Denn die Befolgung meiner Taten und die Verkündigung meiner Worte sowie das innige Gebet – das alles ist bei ihm weggefallen, so dass nichts als seine prassende Kehle bei ihm übrig ist. Aber dem Bösen nachzufolgen, und sich in weltlichen Angelegenheiten zu verstricken, das scheint ihm ganz gesund und schön.

Seine Brust ist voll von Würmern, denn in der Brust, wo sich der Gedanke an mein Leiden und die Erinnerung an meine Taten und Gebote finden sollten, da gibt es nur die Sorge um weltliche Dinge und nach dem Irdischen, das wie Würmer an seinem Sinne nagt, so dass er nicht an das Geistliche denken kann. In seinem Herzen, wo ich wohnen möchte und meine Liebe weilen sollte, da sitzt nun der schlimmste Skorpion, der mit dem Schwanz sticht und mit dem Gesicht schöntut, denn aus seinem Munde gehen sehr angenehme und verständige Reden aus, doch sein Herz ist voll von Unrecht und Falschheit. Denn er schert sich nicht darum, dass die Kirche, dessen Arbeiter er doch ist, verdirbt, wenn er nur seinen eigenen Willen durchsetzen kann.

Seine Arme sind wie Schlangen, denn in seiner Bosheit streckt er seine Arme nach den Einfältigen aus und ruft sie zu sich, aber wenn er eine passende Gelegenheit erhalten hat, bringt er sie kläglich zu Fall. Wie eine Schlange ringelt er sich zu einem Ring zusammen, denn er verbirgt seine Bosheit und Ungerechtigkeit, so dass kaum jemand seine heimtückische List entdecken kann.
Er ist in meinen Augen wie die hässlichste Schlange, denn so wie die Schlange verhasster als alle anderen Tiere ist, so ist er für mich widerwärtiger als alle anderen, denn er hält meine Gerechtigkeit für nichts und hält mich für einen Mann, der garnicht strafen will.

Sein Rücken ist wie eine Kohle; er sollte aber doch wie Elfenbein sein, denn seine Taten müssten stärker und reiner als die von anderen sein, so dass er die Schwachen durch seine Geduld und das Beispielseiner guten Lebensweise tragen könnte. Aber jetzt ist er wie eine Kohle, denn er ist nicht imstande, ein einziges Wort zu meiner Ehre zu sprechen, wenn es nicht zu seinem eigenen Nutzen ist. Trotzdem dünkt er sich der Welt gegenüber so stark.

Deshalb wird er fallen, wenn er glaubt, zu stehen, denn er ist in meinen Augen und in denen meiner Heiligen so scheußlich und leblos, wie eine Kohle. Seine Eingeweide sind stinkend, denn seine Gedanken und Begierden stinken für mich wie totes Fleisch, dessen Gestank niemand ertragen kann. So kann auch nichts Heiliges ihn ausstehen, sondern alle wenden sich von seinem Anblick ab und fordern Gericht über ihn.
Seine Füße sind tot. Seine beiden Füße sind nämlich seine beiden Neigungen zu mir – d.h. sein Wille, für seine Sünden Buße zu tun, und sein Wille, Gutes zu tun. Aber diese Füße sind in ihm ganz tot, denn alles Mark der Liebe ist darin verschwunden, und nichts ist geblieben als Knochen der Verhärtung. Und so steht er vor mir. Dennoch kann er, so lange noch die Seele im Körper ist, mein Erbarmen finden.“

Erklärung
Sankt Laurentius zeigte sich und sagte: „Als ich auf der Welt war, hatte ich drei Dinge: Enthaltsamkeit mit mir selbst, Barmherzigkeit mit meinem Nächsten und Liebe zu Gott. Deshalb predigte ich eifrig Gottes Wort, verteilte die Mittel der Kirche klug und ertrug froh Geißel, Feuer und Tod, Aber dieser Bischof tut so, als merkte er nicht die Zügellosigkeit der Priesterschaft, teilt die Mittel der Kirche freigebig an die Reichen aus und hat nur Liebe für sich und die Seinen. Deshalb tue ich ihm kund, dass die leichteste Wolke nun zum Himmel aufstieg, aber Rauch verdunkelt sie, so dass sie von vielen nicht gesehen werden kann. Diese Wolke ist das Gebet der Mutter Gottes für die Kirche. Der Qualm der Gier, der Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit verdunkelt sie so, dass die leichte Wolke der Barmherzigkeit der Gottesmutter nicht ins Herz der Elenden eingehen kann.

Deshalb soll der Bischof sich schleunigst zur gottesfürchtigen Liebe zurückkehren, indem er sich und seine Untergebenen bessert, sie mit seinem Beispiel und seinen Worten ermahnt und sie zu einem besseren Leben anleitet. Sonst wird er die Hand des Richters spüren, und seine Kirche wird mit Feuer und Schwert gereinigt werden und mit Plünderung und Heimsuchung so geplagt werden, saß sich lange Zeit niemand finden wird, der sie tröstet.“