13. Kapitel

Ich bin mit dem Vater und dem Heiligen Geist ein Gott, aber drei an Personen. Der eine trennt sich nicht vom andern und sondert sich nicht ab, sondern der Vater ist im Sohn und Geist, und der Sohn im Vater und dem Geist, und der Geist in ihnen beiden.

Die Gottheit schickte ihr Wort durch ihren Engel Gabriel zur Jungfrau Maria, und nichts desto weniger war derselbe Gott mit Gabriel, und noch vor Gabriel war er bei der Jungfrau. Aber als das Wort vom Engel gesagt wurde, wurde das Wort in der Jungfrau Fleisch und Blut.

Dieses Wort bin ich, der mit dir redet. Der Vater sandte mich durch sich selbst mit dem Heiligen Geist in den Schoß der Jungfrau – nicht so, dass die Engel Gottes Anblick oder seine Gegenwart entbehren mussten – nein: Ich, der Sohn, der mit dem Vater und dem Heiligen Geist in dem jungfräulichen Schoß war, ich war derselbe im Himmel mit dem Vater und dem Heiligen Geist im Angesicht der Engel, der alles lenkt und aufrecht erhält, obwohl meine Menschengestalt, die nur von mir, dem Sohn, angenommen wurde, im Mutterleib Marias weilte.

Ich, der also ein Gott in göttlicher und menschlicher Gestalt ist, verschmähe es nicht, mit dir zu reden, um meine Liebe zu zeigen und den heiligen Glauben zu stärken. Und wenn auch meine Menschengestalt bei dir zu sein und mit dir zu reden scheint, ist es doch richtiger, zu sagen, dass deine Seele und dein Bewusstsein bei mir und in mir ist, denn nichts ist für mich unmöglich oder zu schwer, weder im Himmel noch auf Erden.

Ich bin nämlich wie ein mächtiger König, der mit seiner Heerschar zu einer Stadt kommt und alle Plätze besetzt und alles einnimmt. So erfüllt meine Gnade alle deine Glieder und stärkt sie alle. Ich bin in dir und außerhalb von dir. Wenn ich auch mit dir spreche, bin ich doch derselbe in meiner Herrlichkeit. Was sollte auch schwer für mich sein, der alles mit meiner Macht aufrecht erhält, alles mit meiner Weisheit verordnet und alles mit meiner Tugend beherrscht?

Ich bin also ohne Anfang und ohne Ende, ein Gott mit dem Vater und dem Heiligen Geist. Zur Erlösung der Menschen nahm ich Menschengestalt an, während die Göttlichkeit unversehrt blieb; ich wurde in Wahrheit gepeinigt, bin von den Toten auferstanden und zum Himmel aufgestiegen, und nun rede ich in Wahrheit mit dir.
Ich sprach vorher mit dir von der Ritterschaft, die mir früher sehr lieb war. Sie war mir so lieb, weil sie mit mir durch das Band der Liebe verbunden war, denn mit ihrem Gelübde haben sich die Ritter verpflichtet, ihr Leben für mein Leben und ihr Blut für mein Blut hinzugeben, und daher war ich eins mit ihnen und habe sie mit mir in einem Band und in einer Gemeinschaft verbunden. Aber nun klage ich über diese Ritter, die mir gehören sollten, dass sie sich von mir abgewendet haben.

Ich bin gewiss ihr Schöpfer und Erlöser, und ich bin auch ihr Helfer. Ich habe den Leib und die Glieder für sie geschaffen, und alles, was es auf Erden gibt, habe ich zu ihrem Nutzen gemacht. Ich habe sie mit meinem Blut erlöst, ich habe ihnen mit meinem Leiden das ewige Erbteil erkauft. Ich verteidige sie in allen Gefahren, ich schenke ihnen Kraft, zu handeln und zu arbeiten. Aber nun haben sie sich von mir abgewandt. Sie halten mein Leiden für nichts, sie vergessen meine Worte, durch die ihre Seele erfreut und genährt werden müsste. Sie verachten mich, und mit ihrer Seele und ihrem ganzen Begehren ziehen sie es vor, ihren Leib hinzugeben und es zum Lobpreis der Menschen verwunden zu lassen, ihr Blut zur Befriedigung ihrer Gewinnsucht zu vergießen, und gern für das Weltliche und für teuflische und verfängliche Worte zu sterben.

Obwohl sie sich so von mir abgewandt haben, ist doch meine Barmherzigkeit und meine Gerechtigkeit bei ihnen. Denn durch meine Barmherzigkeit schütze ich sie, so dass sie nicht dem Teufel überantwortet werden, und durch meine Gerechtigkeit ertrage ich sie geduldig. Und wenn sie jetzt noch zu mir zurückkehren sollten, werde ich sie froh empfangen und ihnen freudig entgegeneilen.

Sag also zu dem, der mir seine Ritterschaft wieder zuwenden will, dass er sich auf diese Weise von neuem unter meinen Schutz stellen kann. Der, der ein Ritter werden will, soll mit seinem Pferd und seiner Rüstung zum Kirchhof gehen und dort das Pferd stehen lassen, denn das ist nicht für die Hoffart der Menschen geschaffen, sondern zum Nutzen des Lebens, zur Verteidigung und zum Gebrauch bei der Bekämpfung von Gottes Feinden.
Dann soll der Ritter seinen Mantel anlegen, dessen Band über die Stirn gelegt werden soll, so dass der Ritter wie der Diakon seine Stola zum Zeichen für Gehorsam und göttliche Geduld anlegt, den Mantel anziehen und das Band über die Stirn legen soll – zum Zeichen für gelobte Ritterschaft und den Gehorsam, den er leisten muß, um mein Kreuz zu verteidigen. Das Banner der weltlichen Macht mag vor ihm hergehen, so dass er weiß, dass er der irdischen Macht in allem gehorchen soll, was nicht gegen Gott ist.

Wenn er auf den Kirchplatz gekommen ist, sollen ihm die Priester mit dem Kirchenbanner entgegenkommen, auf dem mein Leiden und meine Wunden abgebildet sein sollen, zum Zeichen dafür, dass er Gottes Kirche und den Glauben verteidigen und auch den Kirchenführern gehorchen soll. Aber wenn er die Kirche betrifft, soll das Banner der zeitlichen Macht außerhalb der Kirche bleiben und mein Banner vor ihn in die Kirche gehen – zum Zeichen dafür, dass die göttliche Macht vor der weltlichen kommt, und man sich mehr um geistliche Dinge als um zeitliche kümmern soll.

Wenn die Messe bis zum Agnus Dei gelesen ist, soll der weltliche Vorgesetzte, der König oder ein anderer – zum Ritter am Altar vortreten und sagen: „Willst du Ritter werden?“ Wenn dieser dann antwortet: „Ja“, soll der Vorgesetzte hinzufügen: „Gelobe dann Gott und mir, dass du den Glauben verteidigen und ihrem Vorstand in allem gehorchen willst, was zur Ehre Gottes dient.“
Wenn der Ritter dann antwortete: „Ja“, soll er ihm ein Schwert in seine Hände legen und sagen: „Siehe, ich übergebe das Schwert in deine Hände, damit du dein Leben für den Glauben und für Gottes Kirche nicht schonst, und dass du Gottes Feinde niederwirfst und Gottes Freunde verteidigst.“ Dann soll er ihm einen Schild geben und sagen: „Sieh, ich gebe dir einen Schild, damit du dich gegen Gottes Feinde verteidigst, Witwen und vaterlosen Kindern Hilfe leistest, und in allem Gottes Ehre mehrst.

Danach soll er ihm seine Hand an den Hals legen und sagen: „Sieh, du bist nun dem Gehorsam und der Macht der Kirche unterworfen. Sieh nun zu, dass du so, wie du dich durch ein Versprechen gebunden hast, du es auch in der Tat erfüllst.“ Danach soll er ihm den Mantel und sein Band über ihn legen, so dass er täglich im Gedächtnis haben soll, was er Gott gelobt hat, und dass er sich durch diesen Ausspruch nach Ansicht der Kirche mehr als andere verpflichtet hat, Gottes Kirche zu verteidigen.

Nachdem dies vollbracht und das Agnus Dei verlesen ist, soll der Priester, der die Messe feiert, ihm meinen Leib reichen, damit er den Glauben der heiligen Kirche verteidigt. Ich werde in ihm sein, und er in mir. Ich werde ihm Hilfe leisten, so dass er stark wird, und ihn mit der Flamme meiner Liebe erleuchten, so dass er nichts anderes mehr wünscht als mich und nichts anderes fürchtet als mich, seinen Gott.

Wenn er auf gut Glück draußen im Felde ist und sich dort die Ritterschaft für meine Ehre und um meinen Glauben zu verteidigen, auf sich nimmt, so soll ihm das doch nützen, wenn seine Absicht recht war. Ich bin ja durch meine Macht an jedem Ort, und alle können durch rechte Absicht und guten Willen mit mir rechnen. Aber ich bin die Liebe, und niemand kann zu mir kommen, wenn er keine Liebe hat.

Deshalb befehle ich auch niemandem, all dies zu tun, denn sonst würde er mir nur aus Furcht dienen. Aber die, welche die Ritterschaft auf diese Weise auf sich nehmen wollen, die können mir gefallen. Es würde sich gehören, dass sie, die gleichsam aus Hochmut von der wahren Ausübung der Ritterschaft abgewichen sind, sich nun willig zeigen würden, durch Demut wieder zur Ausübung der wahren Ritterschaft zurückzukehren.“
Man glaubt, dieser Ritter sei Herr Karl gewesen, der Sohn der hl. Birgitta.