Buch 4 - 1. Kapitel

Der Braut (Birgitta) zeigte sich die Gestalt eines Mannes, dessen Haar rings von Schmach umgeben war, und dessen Leib mit Öl übergossen war; er war ganz entblößt, aber schämte sich doch nicht. Er sagte zur Braut: „Die Schrift, die Ihr heilig nennt, sagt, dass keine Tat unbelohnt bleiben wird. Das ist die Schrift, die bei Euch „Bibel“ genannt wird. Bei uns ist sie strahlend wie die Sonne, kostbarer als Gold und fruchtbar wie die Saat, die hundertfache Frucht bringt.

Denn so wie Gold andere Metalle übertrifft, so übertrifft die Schrift, die Ihr „die heilige“ nennt, aber wir im Himmelreich die goldene, alle anderen Schriften, denn in ihr wird der wahre Gott geehrt und gepriesen, werden die Toten der Patriarchen im Gedächtnis bewahrt und durch Eingebungen der Propheten erklärt. Und deshalb, weil keine Tat ohne Belohnung ist, so höre, was ich sage!

Der König, für den du bittest, ist vor Gott ein Räuber und Verräter der Seelen und ein unermesslicher Verschwender von Reichtümern. Und weil kein Verräter schlimmer ist als der, der den verrät, der ihn liebt, so verrät dieser auf geistliche Weise viele, denn er liebt die Ungerechten fleischlich und erhöht Unrechterweise die Gottlosen, bedrückt die Gerechten und verschließt die Augen vor Übertretungen, die bestraft werden müssten.
Andererseits ist kein Räuber schlimmer als der, der den verrät, der sein Haupt in seinen Schoß legt. So hat dieser König den Bauernstand traurig ausgeplündert, der sozusagen in seinem Schoße ruhte, indem er manchen die Güter wegnehmen ließ und anderen untragbare Lasten auferlegte, das Unrecht von manchen absichtlich übersah und die Gerechtigkeit immer nur sehr schlaff ausübte.

Drittens ist kein Dieb schlimmer als der, der seinen Herrn bestiehlt, der ihm alles anvertraut und ihm seine Schlüssel übergeben hat. Aber dieser (König) hat die Schlüssel zu Macht und Ehre empfangen, die er auf ungerechte und verschwenderische Weise benutzt hat; nicht zu Gottes Ehre. Aber weil er aus Liebe zu mir auf manche Dinge verzichtet hat, die ihm gefielen, so rate ich ihm drei Dinge. Erstens, dass er handeln soll, wie der verlorene Sohn im Evangelium, der den Schweinetrog verließ und zum Vater zurückkehrte.

Er soll nämlich Reichtum und Ehre verachten, was im Vergleich mit dem Ewigen wie ein Schweinetrog ist, und mit Demut und Frömmigkeit zu Gott, seinem Vater, zurückkehren. Zweitens soll er die Toten ihre Toten begraben lassen und dem schmalen Weg des gekreuzigten Gottes folgen. Drittens soll er die schwere Last seiner Sünden ablegen und den Weg einschlagen, der anfangs schmal, aber am Ende voll Freude ist.

Aber du magst verstehen, dass ich der bin, der die goldene Schrift voll und ganz verstanden hat und deshalb im Stande war, sie zu erweitern. Ich wurde schimpflich entblößt, aber nachdem ich das geduldig ertrug, bekleidete Gott meine Seele mit einem unvergänglichen Gewand. Ich wurde auch mit Öl begossen, und deshalb genieße ich nun das Öl der ewigen Freude. Nächst der Mutter Gottes erhielt ich den leichtesten Tod, nachdem ich ihr Beschützer war, und mein Leichnam ruht auf dem friedvollsten und sichersten Platz.“