124. Kapitel

Agnes spricht zur Braut (Birgitta) und sagt: „Komm, Tochter, und setz dich auf diese Krone, die aus sieben kostbaren Steinen gemacht ist. Was ist die Krone, wenn nicht die Prüfung der Geduld, die aus Kümmernissen geschmiedet wird und von Gott mit Schmuck geziert wird? Der erste Stein in der Krone ist ein Jaspis. Der wird von dem in deine Krone gesetzt, der dir verächtlich sagte, er wüsste nicht, aus welchem Geist heraus du sprechen würdest, und dass es nützlicher für dich wäre, dazusitzen und zu spinnen wie andere Frauen, als mit der Stütze auf die Schriften zu disputieren.

Deshalb: Wie der Jaspis das Sehvermögen schärft und Freude in der Seele entzündet, so wird Gott durch Trübsal Freude in deiner Seele entzünden, den Verstand durch geistliche Dinge erleuchten und die Seele von ungebührlichen Neigungen reinigen. Der andere Stein ist der Saphir und der wird von dem in deine Krone gesetzt, der in deinem Beisein gut von dir sprach, aber dann hinter deinem Rücken anders von dir redete. Wie der Saphir dir Farbe des Himmels hat und die Glieder frisch hält, so prüft also die Bosheit der Menschen den Gerechten, dass er sich nach dem Himmel sehnt und die Glieder der Seele bewahrt, dass sie nicht hochmütig wird. Der dritte Stein ist der Smaragd. Er wird von dem in diene Krone eingesetzt, der sagte, dass du gesagt hättest, was du in Wirklichkeit weder gedacht noch gesagt hast.

Deshalb: Wie der Smaragd in seiner Natur zerbrechlich ist, aber doch schön und von grüner Farbe, so wird die Lüge schnell zunichte, aber er macht die Seele doch schön durch die Belohnung für ihre Geduld. Der vierte Stein ist die Perle. Sie wird von dem in deine Krone eingesetzte, der in deiner Gegenwart einen Gottesfreund schmähte, über dessen Schimpfen du dich mehr betrübtest, als über das Schimpfen über dich selbst.

Deshalb: Wie die Perle weiß ist und schön ist und die Not des Herzens leichter macht, so lenkt Gott die Trauer der Liebe in die Seele und mildert die Leidenschaften des Zornes und der Ungeduld.

Der fünfte Stein ist der Topas. Er wird von dem in deine Krone eingesetzt, der dir bittere Dinge sagte, und dem du als Entgelt Segensworte sagtest. Deshalb: wie der Topas die Farbe des Goldes hat und die Keuschheit und Schönheit bewahrt, so ist für Gott nichts schöner und wohlgefälliger, als dass man den liebt, der einen kränkt, und dass man für seinen Verfolger betet.

Der sechste Stein ist der Diamant. Er wird von dem in deine Krone eingesetzt, der dir körperlichen Schaden zufügte, den du geduldig getragen hast, indem du den, der dir geschadet hat, nicht verunehren willst. Daher: Wie der Diamant nicht von Hammerschlägen zertrümmert wird, sondern nur vom Blut der Böcke, so gefällt es Gott, dass der Mensch um seinetwillen seinen körperlichen Schaden vergisst und immer daran denkt, was Gott um des Menschen Willen getan hat.

Der siebente Stein ist der Karfunkel. Er wird von dem in deine Krone eingesetzt, der dir falsche Neuigkeiten brachte, dass nämlich dein Sohn Karl tot sei, was du geduldig getragen hast und deinen Willen Gott übergeben hast. Deshalb: Wie der Karfunkelstein im Hause leuchtet und der schönste in einem Ring ist, so weckt der Mensch, der geduldig ist, wenn er etwas Liebes verliert, Gott zur Liebe, und leuchtet und glänz in den Augen der Heiligen, wie ein Kostbarer Stein.
Bleibe daher standhaft, meine Tochter, denn noch sind ein paar Steine erforderlich, um deine Krone zu vergrößern. Denn Abraham und Hiob wurden durch ihre Prüfungen besser und bekannter und berühmter, und Johannes wurde heiliger durch das Zeugnis, das er für die Wahrheit ablegte.“