132. Kapitel

Ich bin wie der Mann, der aus der Welt scheiden sollte, und der das Beste, was er hatte, seinen liebsten Freunden überließ. So übergebe ich, wenn ich aus der Welt verscheiden werde, das, was mir am liebsten war, nämlich meine irdische Hülle, den Priestern, die ich vor allen Engel und Menschen ausgewählt habe, und habe ihnen fünf gute Dinge gegeben.

Erstens meinen Glauben, zweitens zwei Schlüssel – zur Hölle und zum Himmel, drittens, dass sie aus meinem Gegner einen Engel machen, viertens, dass sie meinen Leichnam weihen sollen, etwas, was kein Engel tun kann, fünftens, dass sie mit meinem reinsten Leichnam mit den Händen umgehen.
Jetzt dagegen handeln sie gegen mich wie die Juden, die abstritten, dass ich Lazarus auferweckt habe und andere Wunderwerke tat, aber mir stattdessen unterstellten, dass ich König werden wollte, dass ich verboten habe, Steuern zu zahlen und von mir sagten, ich könne den Tempel in drei Tagen wieder aufbauen.

So handeln jetzt die Priester. Sie sprechen nicht von meinen Wundertaten und verkünden nicht meine Lehre, sondern predigen die Liebe zur Welt und zu ihrer eigenen Wollust und rechnen das, was ich für sie getan habe, für nichts. Zweitens haben sie den Schlüssel verloren, mit dem sie den Elenden das Himmelreich öffnen sollten; aber den, mit dem die Hölle geöffnet wird, den lieben sie, und den bewahren sie in einem reinen Leinentuch.

Drittens machen sie aus dem Gerechten einen ungerechten Mann, aus dem Einfältigen einen Teufel und aus dem, der wohlbehalten ist, einen zerfetzten Menschen, denn jeder, der mit drei Wunden zu ihnen kommt, bekommt von ihnen eine vierte, und wenn man mit vieren zu ihnen kommt, geht man mit fünfen von ihnen weg. Wenn er die schlechten Beispiele der Priester gesehen hat, erhält der Sünder nämlich Mut, noch mehr zu sündigen, und er fängt an, mit der Sünde noch zu prahlen, von der er vorher meinte, er müsse sich dafür schämen. Daher ziehen sie sich eine größere Verdammnis zu als andere, denn sie stürzen sich mit ihrem Lebenswandel ins Verderben und schaden anderen mit ihrem Beispiel.

Viertens müssten sie mich ihrem Munde ehren, aber stattdessen verkaufen sie mich. Sie sind schlimmer als Judas. Der sah ja seine Sünde ein und bereute sie, wenn auch zu keinem Nutzen, denn diese Leute sagen und geben vor, gerecht zu sein. Judas brachte die Sünde zu den Käufern zurück, aber diese Leute behalten sie zu ihrem eigenen Gebrauch. Judas verkaufte mich, bevor ich die Welt erlöst hatte, aber diese, nachdem ich die Welt erlöst hatte, und sie fühlten kein Mitleid mit meinem Blut, das lauter nach Rache schreit, als Abels Blut.
Judas verkaufte mich nur für Pfennige, aber diese für allerlei Handelswaren, und sie treten nicht zu mir hin, wenn sie nicht hoffen, dadurch Gewinn zu erlangen. Fünftens gehen sie mit mir um, wie die Juden. Was haben die Juden gemacht? Sie haben mich an den Stamm des Kreuzes gehängt, aber diese setzen mich in eine Presse und pressen mich grausam.

Aber jetzt könntest du mich fragen, wie das geschehen kann, wenn meine Göttlichkeit nicht leiden kann, und Gott keine Trauer oder Plage treffen kann. Ja, durch ihren Willen, in der Sünde zu verharren, fügen mir die Priester solche Trauer und Bitterkeit zu, als ob ich in eine Folterpresse gesetzt würde, wenn das möglich wäre. Diese Priester haben nämlich zwei Sünden an sich, nämlich Liederlichkeit und Gewinnsucht, und zwischen diese setzen sie mich in die Presse. Ja, die drücken mich so hart, wie eine Folterpresse, wenn sie – nachdem sie vielleicht bereut haben, und nachdem sie den Gottesdienst vollendet haben, wieder den festen Willen haben, zu sündigen.
Sie versorgen gebannte Frauen und versetzen sie an einen sicheren Platz, damit sie ihrer Begierde frönen können, aber mich weisen sie zurück. Die liebkosen sie, und mit denen amüsieren sie sich, aber mich, von dem sie stammen, wollten sie nicht sehen.

Seht, meine Freunde, wie die Priester sind! Seht, meine Engel, wie die sind, denen ihr dient! Wenn ich vor euch läge, so wie ich auf dem Alter vor ihnen liege, würde keiner von euch wagen, mich zu berühren, sondern ihr würdet erschrecken. Aber diese verraten mich wie Diebe und Verräter; sie berühren mich wie die Dirnen. Sie sind unreiner als Teer, und doch schämen sie sich nicht, mir zu nahen, der ihr Gott und Herr der Ehre ist. Deshalb werden – wie dem Volk Israel gesagt wurde: ‚Sieben Plagen werden über euch kommen’, diese sieben Plagen wahrhaftig über die Priester kommen.“