39. Kapitel

Die Mutter sprach zu ihrem Sohn Jesus und sagte: „Unsere Tochter ist wie ein Lamm, das sein Haupt ins Maul des Löwen legt.“ Der Sohn antwortete ihr: „Es ist besser, dass das Lamm das Haupt ins Maul des Löwen legt, so dass es ein Fleisch und Blut mit dem Löwen wird, als dass das Lamm Blut aus dem Fleisch des Löwen saugt. Dann würde der Löwe zornig werden, und das Lamm, das sonst Gras zu fressen hat, würde krank werden. Aber weil du, liebste Mutter, die vollkommene Weisheit und alle Klugheit in deinem Mutterleib getragen hast, kannst du sie verstehen lassen, was der Löwe, und was das Lamm ist.“

Die Mutter erwiderte: „Gesegnet seist du, mein Sohn, du der ewig beim Vater bleibt und, obwohl du zu mir herabgestiegen bist, dich nie vom Vater getrennt hast. Du bist gewiss der Löwe aus dem Stamme Juda. Du bist aber auch das unbefleckte Lamm, auf das Johannes mit seinem Finger zeigt. Also legt der Mensch sein Haupt ins Maul des Löwen, der all seinen Willen Gott anvertraut und der auch, wenn er könnte, ihn nicht vollenden würde, sofern er nicht weiß, dass er dir gefällt.

Aber der Mensch saugt das Blut des Löwen, der ungeduldig über deine Gerechtigkeit und deine Verordnung ist, der wünscht und danach strebt, etwas anderes zu erhalten, als was du ihm bestimmt hast, und der in einem anderen Stand und einer anderen Stellung leben will, als was dir gefällt, und was für ihn möglich ist. Durch solche Menschen wird Gott nicht besänftigt, sondern zum Zorn gereizt. Denn wie das Gras das Futter des Lammes ist, so sollte der Mensch sich mit bescheidenen Dingen und einem bescheidenen Stand begnügen.

Und deshalb lässt Gott wegen der Undankbarkeit und Ungeduld der Menschen vieles geschehen, was nicht gegen das Wohlsein der Menschen geschehen würde, wenn sie geduld wären. Gib daher, meine Tochter, Gott deinen Willen anheim, und wenn du manchmal weniger geduldig bist, solltest du zu Reue und Buße aufstehen, denn die Buße ist gleichsam eine gute Wäscherin von fleckigen Kleidern, und die Reue bleicht die Kleider aus.“