59. Kapitel

Der Sohn spricht: „Drei Dinge kommen einem Priester zu. Erstens Gottes Leib zu weihen, zweitens, die Reinheit des Fleisches und des Geistes zu besitzen, drittens, für seine Gemeinde zu sorgen. Aber jetzt kannst du fragen, was es nütz, eine Kirche zu haben, wenn man keine Gemeinde hat. Ich antworte dir, dass der Priester, der den Willen hat, allen zu nützen und aus Liebe zu Gott zu predigen, eine so Weitreichende Gemeinde hat, als ob er die ganze Welt besäße, denn wenn er zur ganzen Welt sprechen würde, würde er sich diese Mühe keinesfalls ersparen.

Daher soll der gute Wille ihm als Tat angerechnet werden. Denn Gott erspart seines Auserwählten wegen der Undankbarkeit der Hörer oft die Mühe des Predigens, und doch gehen sie ihres Lohnes nicht verlustig, denn ihr Wille ist ja gut gewesen.
Es steht dem Priester auch zu, ein Buch und Öl zu haben: Das Buch, um die Ungelehrten zu unterrichten, und heiliges Öl, um die Kranken zu salben. Denn so wie leibliche und geistliche Weisheit im Buch enthalten ist, so sollte der Priester die Weisheit haben, sich selber zu beherrschen, damit das Fleisch nicht zügellos wird und seine Gemeindeglieder daran Anstoß nehmen.

Und er sollte auch der Begierde der Welt aus dem Wege gehen, weswegen die Ehre der Kirche verachtet wird, und soll die Sitte der Weltmenschen vermeiden, durch die die Würde der Priesterschaft verunehrt wird. Geistliche Weisheit ist es, die Ungebildeten zu unterweisen, die Ungezogenen zu tadeln und die anzuspornen, die Fortschritte im Guten machen.

Mit dem Öl wird jedoch die Süße des Gebetes und gute Beispiele bezeichnet. Denn wie das Öl fetthaltiger als das Brot ist, so ist das Gebet der Liebe und das Beispiel des guten Lebenswandels erfolgreicher, die Menschen zum Guten zu bewegen, und ihre Fettigkeit ist kräftiger, Gott zu besänftigen. Ich sage dir wahrhaftig, meine Tochter, dass der Name des Priesters groß ist, denn er ist der Engel und der Mittler des Herrn, aber sein Amt ist noch größer, denn er berührt den unfassbaren Gott mit seinen Händen, und die niedrigeren Dinge werden in seiner Hand mit den himmlischen vereint.“