68. Kapitel

Die Mutter (Maria) spricht: „Es gibt ein kleines Tier, das „Fuchs“ genannt wird, und das eifrig ist, all seinen Lebensunterhalt zu beschaffen, und voller Falschheit ist. Er stellt sich manchmal an, als ob er schliefe und tot wäre, damit die Vögel sich auf ihn setzen, und er sie umso leichter fangen und fressen kann, je unvorsichtiger sie dasitzen. Er gibt auch auf den Flug der Vögel Acht, und die er vor Müdigkeit auf dem Boden oder unter einem Baum sitzen sieht, die fängt er und frisst sie auf. Aber die mit beiden Flügeln fliegen, beschämen ihn und machen seine Arbeit vergeblich.

Dieser Fuchs ist der Teufel, der ständig Gottes Freunde verfolgt, und vor allem die, die die Bitterkeit seiner Bosheit und das Gift seiner Ungerechtigkeit nicht haben. Er stellt sich manchmal, als schliefe er und wäre tot, denn manchmal lässt er den Menschen von schwereren Versuchungen frei, damit er vergessen soll, auf die kleineren zu achten, so dass er ihn umso leichter betrügen und umgarnen kann. Manchmal lässt er auch das Laster wie eine Tugend und die Tugend wie ein Laster aussehen, damit der verwirrte Mensch sich etwas unvorsichtig verhält und verloren geht, sofern die Klugheit ihm nicht zu Hilfe kommt.

Das kannst du auch durch ein Gleichnis verstehen. Barmherzigkeit ist nämlich manchmal eine Sünde, d.h. wenn sie geübt wird, um den Menschen zu gefallen. Die Kraft der Gerechtigkeit ist ungerecht, wenn sie aus Gewinnsucht und aus Ungeduld ausgeübt wird. Die Demut ist Hochmut, wenn sie darauf zielt, dass man auf sich aufmerksam macht und von Menschen gesehen wird. Die Tugend der Geduld scheint vorhanden zu sein und ist es doch nicht, wenn der Mensch sich für ein Unrecht rächen könnte, es aber bleiben lässt, weil er noch nicht den geeigneten Zeitpunkt findet, sich zu rächen.

Manchmal schickt der Teufel auch Trübsale und Anfechtungen, damit der Mensch über die Maßen schwermütig und betrübt werden soll, und manchmal lässt er das Herz sich mit Angst und Kummer füllen, so dass der Mensch im Dienste Gottes erschlafft, oder unvorsichtig wie er ist – von kleinen Sünden in große fällt.

Auf diese Weise wurde dieser Mann, von dem ich spreche, vom Fuchs betrogen. Denn in seinem Alter hatte er alles, was er sich wünschte, er sagte, er sei glücklich und wollte lange leben, aber so wurde er ohne Sakrament abgerufen, und ohne dass er Rechenschaft über seine Werke und Sachen abgelegt hatte. Wie die Ameise sammelte er Tag und Nacht, aber nicht für das Vorratshaus des Herrn. Und als er zum Eingang des Schobers kam, wohin er das gesammelte Korn bringen wollte, da starb er und überließ anderen die Frucht seiner Mühe.

Denn wer zur Erntezeit nicht fleißig für mich sammelt, der bekommt keine Gelegenheit, sich über die Saat zu freuen. Selig sind daher die Vögel des Herrn, die nicht unter den Bäumen der weltlichen Genüsse schlafen, sondern auf den Bäumen der himmlischen Sehnsucht, denn wenn sie die Versuchung des bösen Fuchses, des Teufels, packt, fliegen sie schnell mit ihren beiden Flügeln davon, nämlich mit der demütigen Beichte und der Hoffnung auf die Hilfe des Himmels.“

Erklärung
Christus, Gottes Sohn, spricht: „Dieser Propst ist ein Bischofsamt. Daher soll der, der in den lieblichen Obstbaum steigen will, um köstliche Früchte zu ernten, befreit von aller Bürde sein, umgürtet und stark genug sein, um zu pflücken, und ein reines Gefäß haben, in dem er die Früchte niederlegen kann. So soll sich dieser nun bemühen, seinen Leib mit Tugenden zu schmücken, indem er ihm das Notwendige gibt, aber keine Überfluss, indem er Gelegenheiten zur Zuchtlosigkeit und Gewinnsucht aus dem Wege geht und sich als ein reiner Spiegel und als Vorbild für unvollkollkommene Menschen zeigt. Sonst wird er von einem schrecklichen Fall, einem plötzlichen Ende und Plage von meiner Hand betroffen.“ All dies ist eingetroffen.