69. Kapitel

Der Sohn (Jesus Christus) spricht: „An drei Dingen kannst du beurteilen, ob das Wasser einer Quelle nicht gut ist. Erstens, wenn es nicht die rechte Farbe hat. Zweitens, ob es trübe ist. Drittens, ob es stillsteht und nicht in Bewegung ist, indem es allen Schmutz aufnimmt und ihn nicht absondert.
Unter diesem Wasser verstehe ich die Sitten und das Herz der Kleriker. Sie müssten auf Grund ihrer guten Sitten köstlich zu trinken sein wie Quellen und sich dem Schmutz der Sünden verschließen. Die rechte Farbe des Klerikers ist ja wahre Demut; er müsste sich in Gedanken und Taten umso mehr demütigen verhalten, je größere Verpflichtung er sieht, um für Gott zu arbeiten. Denn wo Hochmut ist, da ist die Farbe des Teufels, die das Wasser ebenso abscheulich ansehen lässt, als ob eine aussätzige Hand das Wasser aus der Quelle schöpfen würde. So bewirkt der Hochmut, dass manche Werke des Klerikers schmutzig aussehen.

Das Wasser ist trübe, wenn der Kleriker gewinnsüchtig ist und sich nicht mit dem Notwendig begnügt. So wie er sich selber unnütz ist und sich bloß Angst macht, so ist er für andere durch das Beispiel seiner Gier schädlich. Drittens ist das Wasser unrein, wenn es Schmutz aufnimmt, ihn aber nicht abstößt, was daher kommt, dass sein Abfluss versperrt ist, so dass das Waser stillsteht. So ist der Priester unrein, der in seinem Herzen und seinem Körper die Wollust des Fleisches liebt, und nicht durch wahre Reue das Unreine abstößt, mit dem er behaftet ist.

Denn wie ein Fleck am Körper überall hässlich und unschön ist, aber am meisten im Gesicht, so muss die Unreinheit allen verhasst sein, aber am allermeisten für die, die zu höheren Würden berufen sind. Daher sollen die Kleriker für mein Werk ausgewählt werden, die sich nicht durch wortreiche Weisheit auszeichnen, sondern durch Demut und Reinheit, die selbst tugendhaft leben und andere mit Wort und Beispiel unterrichten, denn auch eine aussätzige Hand kann nützlich für mein Werk sein, wenn nur die Absicht gut ist, und die Hand des Geistes nicht fehlt.“