97. Kapitel

Der Sohn spricht zu einem Prälaten und sagt ihm: „Du bist wie ein Mühlrad, das sich nicht bewegt; wenn es still steht und sich nicht rührt, so wird kein Korn gemahlen. Dieses Rad bezeichnet deinen Willen, der beweglich sein sollte – nicht nach deinem Wunsch und deinem Begehren, sondern nach meinem; du müsstest dich ja ganz meinen Händen überlassen.
Aber dieses Rad bewegt sich ziemlich wenig nach meinem Willen, denn das Wasser der weltlichen Gedanken beunruhigt deinen Sinn, während das Betrachten meiner (sic) eigenen Taten und meiner Pein gleichsam tot in deinem Herzen ist. Daher schmeckt dir auch die Nahrung der Seele nicht, und du spürst sie nicht. Deshalb solltest du das aufbrechen, was die Wasserzuführung verhindert, so dass das Wasser einfließen kann, das Rad sich bewegen und das Korn leicht zermahlen werden kann.

Das Hindernis, das das Wasser zurückhält, ist der Hochmut des Sinnes und der Ehrgeiz, wodurch die Gnade des Heiligen Geistes und alles Gute abgesperrt wird, und alles Gute, wodurch die Seele fruchtbar werden sollte, verhindert wird. Dein Sinn sollte also die wahre Demut annehmen, denn durch die fließt die Seligkeit meines Geistes in deine Seele, und die weltlichen Gedanken aus.

Dadurch wird auch dein Wille nach meinem Willen beweglich und vervollkommnet. Und dann fängst du an, deine Werke zu beurteilen und abzuwägen wie Korn, und einzusehen, dass meine Taten etwas Grosses sind. Was ist die wahre Demut anders, als sich um die Gunst der Menschen oder ihren Tadel nicht zu kümmern, meinen Weg zu wandern, der vergessen und versäumt ist, keinen Überfluss zu suchen und so zu werden, wie das einfache Volk.

Wenn du diesen weg liebst, dann werden dir die geistlichen Dinge schmecken, dann werden meine Pein und der Wandel meiner Heiligen für deinen Sinn lieblich sein. Dann wirst du auch verstehen, wie viel du den Seelen schuldig bist, die du dir vorgenommen hast, zu lenken. Weil du nu mit beiden Füßen hoch oben auf das Rad gestiegen bist, nämlich mischt Macht und Ehre, bist du durch die Macht herrschsüchtig und durch die Ehre hochmütig geworden

Aus diesem Grunde sollst du nun herabsteigen, indem du dich in deinen Sinn demütigst und die Demütigen bittest, für dich zu beten. Sonst werde ich dir meine Gerechtigkeit wie den reißend Sten Strom senden und bis zum letzten Scherflein Rechenschaft für deine Begierden, deine Gedanken und dein Tun verlangen, und ich werde auch von dir die Seelen fordern, die ich deiner Obhut anvertraut habe, und die ich selbst mit meinem Blut erlöst habe.“