Elfte Offenbarung im Buch der Fragen

Gottes Sohn spricht: „Aus natürlichen Dingen kann ein gesunder Trank hergestellt werden, nämlich aus kaltem Eisen, dürrem Holz und bitteren Kräutern. Aber wie geschieht das? Wenn Stahl hart auf einen Schwefelberg fällt, würde sicher Feuer aus dem Stahl kommen und den Berg entzünden. Durch die Wärme würde ein Olivenbaum in der Nähe, der außen dürr, aber innen voll Fettigkeit ist, zu fließen beginnen, so dass sogar die bitteren Kräuter unter dem Olivenbaum durch den fliessenden Olivenbaum süß werden, und daraus könnte ein gesunder Trank bereitet werden.

So habe ich in geistlicher Weise mit dir gehandelt. Dein Herz war kalt wie Stahl in meiner Liebe, und doch rührte sich da ein kleiner Funken Liebe zu mir, nämlich als du dich besannst, dass ich wert war, mehr als alle anderen geliebt und geehrt zu werden. Dieses Herz von dir fiel auf einen Schwefelberg, als weltliche Ehre und weltliches Vergnügen auf dich zukam und dein Mann starb, den du körperlich mehr als alles andere geliebt hast.

Wollust und weltliches Vergnügen sind am besten mit einem Schwefelberg zu vergleichen, denn sie haben das Geschwür der Seele, den Gestank des Begehrens und die Glut der Strafe in sich. Und als beim Tod deines Mannes deine Seele von schwerer Trübsal betroffen wurde, da sprang plötzlich ein Funke aus meiner Liebe hervor, die wie im Verborgenen vorhanden war, denn nachdem du die Nichtigkeit der Welt betrachtet hattest, hast du mir deinen ganzen Willen übergeben und mich mehr als andere ersehnt.

Dank dieses Liebesfunkens schmeckte dir dir trockene Olive, d.h. die Worte der Evangelien und der Umgang mit meinen Gelehrten, und die Enthaltsamkeit gefiel dir bis zu dem Grade, dass dir alles andere, das dir vorher bitter vorkam, lieblich zu werden begann. Und als der Olivenbaum zu fließen anfing und meine Worte in den Offenbarungen deinem Geist nahten, da stand einer auf dem Berg und rief: „Durch diesen Trank wird der Durst gelöscht, wird das Gefrorene erwärmt, wird der Betrübte erfreut und der Kranke gesund.“ Das bin ich, Gott, selbst, der so ruft, und meine Worte, die du oft in geistlicher Vision von mir hörst, sättigen den, der nach wahrer Liebe dürstet, wie ein guter Trank. Zweitens wärmen sie die, die gefroren sind, drittens erfreuen sie die, die betrübt sind, und viertens heilen sie die, die schwach an der Seele sind.“