Dritte Offenbarung im Buch der Fragen

Gottes Sohn spricht (zu Birgitta): „Wenn es einen Kranken im Hause gibt, und ein kundiger Arzt, der das Übel der Krankheit kennt, diesem ein Heilmittel gibt, durch das er stirbt, wird er als Totschläger angeklagt und ist kein richtiger Arzt.

Wenn jemand, der die Heilkunst kennt, sie um irdischen Gewinn ausübt, so wird er keinen Lohn von mir erhalten. Aber wenn einer die Heilkunst aus Liebe zu mir ausübt, und um mich zu ehren, so werde ich ihn belohnen Wenn jemand, der kein Meister in der Heilkunst ist, zu wissen glaubt, dass die Medizin für den Kranken gut ist oder gut sein kann, so gibt er sie ihm in guter Absicht, und er darf nicht als Totschläger verklagt werden, falls der Kranke stirbt, sondern als ein törichter und vermessener Mensch. Sollte dagegen der Kranke durch die Medizin des Unweisen gesund werden, so soll dieser keinen Lohn wie ein Arzt erhalten, sondern nur als ein Gutachter, denn er hat das Heilmittel nicht nach seiner Kenntnis verordnet, sondern nur nach seinem Ermessen.

Nun will ich dir sagen, was dies bedeutet. Die Menschen da, die du kennst, sind geistlich krank und sind durch Hochmut und Gewinnsucht gefallen. Sie folgen ihrem eigenen Willen. Wenn ihnen deshalb ihr Freund, den ich mit einem Arzt vergleiche, Hilfe und Rat zu noch schlimmerem Hochmut und Ehrgeiz zuteil werden lässt, so dass sie geistlich sterben, so werde ich sicher ihren Tod aus seiner Hand fordern. Denn obwohl sie durch ihre eigene Bosheit starben, wird er, der der Vermittler und die Ursache ihres Todes ist, keineswegs straffrei ausgehen. Wenn er dagegen von natürlicher Liebe geleitet, sie fördert und sie zu seiner eigenen Freude und aus fleischlicher Liebe auf der Welt erhöht, kann er keinesfalls auf Lohn von mir hoffen.

Es kann jedoch passieren, dass er wie ein guter Arzt an sie denkt und sich selber sagt: „Diese Menschen sind krank und brauchen Medizin. Wenn ihnen auch meine Arznei bitter vorkommt, will ich sie ihnen doch geben, weil sie gesund ist, so dass sie nicht einen schweren Tod sterben. So werde ich, indem ich sie zügle, ihnen Speise geben, damit sie nicht vor Hunger vergehen, und Kleider, so dass sie mit Ehre nach ihrem Stande auftreten können, und ich werde sie unter meiner Zucht halten, so dass sie sich nicht überheben. Ich werde sie auch mit allem anderen Notwendigen versorgen, so dass sie sich nicht in ihrem Übermut aufblasen und sich durch ihre Vermessenheit versündigen, oder Gelegenheit erhalten, anderen zu schaden.“ Ein solcher Arzt wird einen großen Lohn von mir empfangen, denn eine solche Zurechtweisung gefällt mir.

Aber wenn ihr Freund so denkt: „Ich würde ihnen das Notwendige geben, aber ich weiß nicht, wieweit es ihnen nützt oder nicht – doch glaube ich, dass es Gott nicht missfällt, oder dass es ihrer Erlösung schadet. Wenn sie dann durch seine Gabe sterben oder sich einer Übertretung schuldig machen, soll der Freund nicht als Totschläger angeklagt werden, sondern er soll einen bestimmten (wenn auch nicht vollständigen) Lohn für seinen guten Willen und für sein frommes Mitgefühl erhalten, je mehr er ihre Seelen geliebt hat.

Die Kranken sollen es aber leichter haben und allmählich wieder gesund werden, was sie schwerlich erreicht hätten, wenn die Liebe nicht mitgewirkt hätte. Doch ist hier ein Rat notwendig: Denn nach allgemeiner Meinung schadet es einem schädlichen Tier nicht, wenn es eingesperrt wird, und wenn es in seiner Gefangenschaft das Notwendige erhält, bleibt es ebenso gesund und munter, wie das Tier, das in voller Freiheit lebt. Weil diese Menschen also einem Geschlecht angehören, dessen Blut und Herz das Hohe ersehnt, und weil ihr Wille dürstet, je mehr er zu trinken bekommt, deshalb soll ihnen ihr Freund keine Gelegenheit zu Übertretungen geben, denn sie möchten gern Übertretungen begehen, aber ihr Begehren können sie nicht auslöschen.“