106. Kapitel

Ein Mann sagte, er wolle Gott dienen, und wollte wissen, in welcher Lebensstellung er Gott am meisten gefallen würde. Er bat die Braut (Birgitta) um Rat, indem er wünschte, eine göttliche Antwort zu erhalten. Christus sprach mit der Braut über ihn und sagte: „Dieser Mann ist noch nicht bis zum Jordan gekommen und hat ihn noch weniger überschritten. Es steht ja von Elias geschrieben, dass er, als er den Jordan überschritten hatte und in die Wüste gekommen war, Gottes Geheimnisse hören durfte.

Aber was ist dieser Jordan, wenn nicht die Welt, die wie Wasser dahinfließt? Das Zeitliche führt den Menschen ja manchmal hoch hinauf und senkt ihn manchmal tief hinunter; bald erhebt es ihn zu Ehren, bald stürzt es ihn ins Unglück, und niemals ist der Mensch ohne Kummer und Mühsal. Also ist es notwendig, dass der, der das Himmlische ersehnt, alles irdische Begehren von seiner Seele entfernt, denn wer Gott lieb hat, für den verlieren wahrlich alle irdischen und vergänglichen Dinge ihren Wert.

Aber dieser Mann ist noch nicht so weit gekommen, dass er alles verachtet – nein, er hat noch seinen Willen in seinen eigenen Händen. Deshalb wird er die himmlischen Geheimnisse nicht zu hören bekommen, ehe er die Welt nicht vollkommener verschmäht und seinen Willen in Gottes Hände gelegt hat.“