109. Kapitel

Die Mutter (Maria) spricht: „Die üppigste Kost verliert ihren Wert, wenn etwas Bitteres beigemischt wird. Wie viele und wie große Tugenden auch einer hat – wenn er Gefallen an einer Sünde findet, so gefällt er Gott nicht. Sage deshalb meinem Freund, wenn er meinem Sohn und mir gefallen will, so soll er sich nicht im Geringsten auf seine Tugenden verlassen, sondern seine Zunge vor Geschwätzigkeit und Wildheit zurückhalten und seine Sitten frei von aller Leichtfertigkeit halten. Er soll in seinem Munde nämlich Blüten tragen, mit denen er die Unverständigen zu schönsten Früchten lockt. Aber wenn sich etwas Bitteres unter den Blüten findet, so verlieren sie ihren Wert, und die gute Frucht bleibt aus.

Sag ihm weiter, dass wie Mann und Frau manchmal einander allein wegen des Unterhaltes ihres Körpers lieben, und wie ein Mönch manchmal nur wegen des leiblichen Wohlergehens im Kloster ist, so möchte der Mann, den er selber kennt, im Kloster sein, damit ihm keine Widrigkeit widerfährt, und er möchte arm sein, damit ihm nichts fehlt. Er soll deshalb auf seinen eigenen Willen verzichten, denn es gefällt Gott besser, dass ein Mann anständig auf Erden lebt und mit seinen Händen arbeitet, als wie ein Eremit oder Mönch ohne Gottesliebe zu leben.“