31. Kapitel

Die Braut sah, wie zwei Teufel, in allen Gliedern einander gleich, vor dem göttlichen Richterstuhl standen. Ihre Münder waren offen wie die von Wölfen, ihre Augen loderten wie Glas, was innen brennt, ihre Ohren hingen herunter wie die von Hunden, ihre Bäuche waren dick und aufgeschwollen, ihre Hände waren wie Klauen von Adlern, ihre Beine waren ohne Haut, ihre Füße waren wie verstümmelt und wie in der Mitte abgeschnitten.

Einer von ihnen sagte zum Richter: „Richter, sprich das Urteil, dass die Seele dieses Ritters, die wie ich ist, mit mir vereinigt wird und meine Hausfrau wird!“ Der Richter antwortete: „Sag, welches Recht und welchen Grund du dafür hast!“ Der Teufel sagte: „Ich frage dich zuerst (denn du bist die Gerechtigkeit): Wenn man ein Tier findet, das wie ein anderes ist – pflegt man dann nicht zu sagen, dass das Tier vom Geschlecht des Löwen oder Wolfs oder von etwas dergleichen stammt? Zu welchem Geschlecht gehört wohl diese Seele, so frage ich nun: Ist sie vielleicht wie die Engel oder Teufel?“

Der Richter antwortete ihm: „Sie ist nicht wie die Engel, sondern sie gleicht dir und den deinen, das sieht man deutlich.“ Da sagte der Teufel wie zum Hohn: „Da diese Seele von der Glut deiner Salbung, d.h. der Glut deiner Liebe, geschaffen worden ist, war sie wie du. Aber weil sie deine Süßigkeit verschmäht hat, gehört sie nun mir mit dreifachem Recht. Erstens, weil sie in ihrer Beschaffenheit so ist, wie ich. Zweitens, weil wir den gleichen Geschmack haben. Drittens, weil wir ein und denselben Willen haben.“

Der Richter sagte: „Obwohl ich alles weiß, sollst du mir dennoch dieser meiner anwesenden Braut wegen sagen, in welcher Weise diese Seele dir an Beschaffenheit gleich ist.“ Der Teufel erwiderte: „So wie wir gleichartige Glieder haben, so haben wir auch das gleichartige Benehmen. Unsere Augen sind offen, doch sehen wir nichts. Ich will gewiss gar nichts sehen, was dir oder deiner Liebe angehört. Ebenso wenig wollte sie, als sie es konnte, das sehen, was zu dir und zur Erlösung der Seele gehört, sondern sie achtete nur auf das Angenehme und Vergängliche. Wir haben auch Ohren, und doch hören wir nichts, was uns nützen würde. Sie wollte nichts von dem hören, was zu deiner Ehre gehört, und ebenso ist mir all das bitter, was dir gehört.

Deshalb wird die Stimme deiner Lieblichkeit und Güte nie zu unserer Freude und unserem Nutzen in unsere Ohren dringen. Unsere Münder sind weit offen. So wie sie ihren Mund für alle Annehmlichkeiten der Welt offen hatte, aber für dich und deine Ehre war er geschlossen – so habe ich meinen Mund offen, dich zu beleidigen und zu betrüben, und ich würde ihn nie davor zurückhalten, dir zu schaden, wenn es für dich möglich wäre, betrübt zu sein oder eine Verminderung deiner Ehre hinzunehmen.

Ihre Hände sind wie Raubvögel, denn alles, was sie von zeitlichen Dingen bekommen konnte, das behielt sie bis zu ihrem Tode, und sie hätte es noch länger behalten, wenn du sie hättest länger leben lassen. So halte auch ich alle die fest, wenn deine Gerechtigkeit sie mir nicht gegen meinen Willen rauben würde. Ihr Bauch ist aufgeschwollen, denn ihre Lust ist ohne Maß und Grenzen; er wurde gefüllt, aber nicht gesättigt, ja ihre Lüsternheit war so groß, dass sie – wenn sie die ganze Welt für sich allein hätte bekommen können, so hätte sie gern dafür gearbeitet, und sie hätte trotzdem noch im Himmel regieren wollen.

Eine ebensolche Gewinnsucht habe ich. Denn wenn ich alle Seelen im Himmel und auf Erden und im Fegefeuer für mich allein bekommen könnte, würde ich mich ihrer gern bemächtigen. Und wenn nur noch eine einzige Seele da wäre, würde ich sie in meiner Lüsternheit nicht mit den Plagen verschonen.
Ihre Brust ist eiskalt wie die meine, denn sie hatte keine Liebe für dich, und deine Ermahnungen haben ihr nie gefallen. Ebenso wenig hege ich irgendwelche Liebe zu dir – nein, ich hasse dich so, dass ich ständig unter den bittersten Todesqualen umgebracht werden würde und immer wieder zum Leben erweckt würde, um dieselben Plagen zu erleiden, wenn ich damit erreichen könnte, dass du getötet würdest (sofern es möglich wäre, dass du getötet wirst).

Unsere Beine sind ohne Haut, denn wir haben ein und denselben Willen. Denn seit meiner Erschaffung regte sich mein Wille gegen dich, und ich wollte nie, was du gewollt hast. Ebenso widerstrebte ihr Wille stets deinen Geboten. Unsere Füße sind wie verstümmelt, denn wie man mit den Füßen zum Nutzen des Körpers geht, so geht man durch das Sehnen der Liebe und durch gute Werke zu Gott hin. So wollte diese Seele nie auf dich zugehen, weder durch ihre Sehnsucht oder ihr Tun – ebenso wenig wie ich. Also sind wir an Beschaffenheit der Glieder völlig gleich.
Wir haben auch denselben Geschmack. Denn wenn wir auch wissen, dass du das höchste Gut bist, so merken wir doch nicht, wie lieb und gut du bist. Nachdem wir also in allem gleich sind, so urteile, dass wir vereinigt werden!“

Da sprach der Engel zum Herrn und sagte: „Herr Gott, seit diese Seele mit dem Körper vereint ist, bin ich ihr immer gefolgt und habe mich nicht von ihr getrennt, solange ich etwas Gutes bei ihr finden konnte. Aber jetzt verlasse ich sie wie einen Sack, der leer von allem Guten ist. Sie hatte, kurz gesagt, drei schlechte Eigenschaften. Erstens hielt sie deine Worte für unwahr. Zweitens hielt sie deine Gerichtsbeschlüsse für falsch. Drittens hielt sie deine Barmherzigkeit für nichts, ja sie war für sie wie tot.

Diese Seele lebte in einer Ehe, sie hatte nur eine Ehefrau und vermischte sich nicht mit anderen Frauen, aber diese eheliche Treue hielt sie nicht aus göttlicher Liebe und Gottesfurcht, sondern weil sie den Körper ihrer Frau so zärtlich liebte, dass sie kein Verlangen danach hatte, die Körper von anderen zu genießen. Sie hörte Messen und nahm an Gottesdiensten teil, aber nicht aus Frömmigkeit, sondern um nicht von anderen Christen getrennt zu sein, und von ihnen gesehen zu werden.

Sie ging in der Absicht und aus dem Grunde in der Gesellschaft anderer zur Kirche, damit du ihrem Körper Gesundheit, weltliche Reichtümer und Ehrenbezeugungen schenken und sie vor so etwas bewahren solltest, was von den Menschen Unglück genannt wird. O Herr, dieser Seele hast du alles auf der Welt gegeben, und mehr, als sie verdiente. Du hast ihr ja schöne Kinder, körperliche Gesundheit und Reichtümer verliehen und hast sie vor dem Unglück bewahrt, von dem sie sich fürchtete. In deiner Gerechtigkeit hast du ihr Verlangen befriedigt – ja so viel, dass du sie hundert gegen eins belohnt hast, und nichts unbelohnt gelassen hast. Daher lasse ich sie nun leer von allem Guten.“

Da fiel der Teufel ein: „O Richter, da sie also meinem Willen gefolgt ist, und du ihr alles hundertfach vergolten hast, was sie von dir haben sollte, so sollst du das Gerichtsurteil fällen, dass wir vereinigt werden. Steht nicht in deinem Gesetz geschrieben, dass – wenn ein Wille und ein eheliches Einvernehmen da ist, kann eine gesetzliche Vereinigung erfolgen? So ist es ja doch zwischen uns, denn ihr Wille ist der meine, und der meine ist der ihre. Warum können wir da nicht miteinander vereinigt werden?“

Der Richter sagte: „Die Seele soll selber ihren Willen kundtun und sagen, was sie davon hält, mit dir vereint zu werden.“ Die Seele antwortete dem Richter: „Lieber will ich die Qual der Hölle erdulden, als zur Freude des Himmels zu kommen, wo du, Gott, Freude an mir haben könntest. Du bist mir so verhasst, dass ich mich wenig um meine Plagen kümmere, nur damit du keine Freunde hast.“

Da sagte der Teufel zum Richter: „Einen solchen Willen habe auch ich. Ich wollte lieber ewig gepeinigt werden, als zur Herrlichkeit zu kommen, denn wenn ich dahin kommen würde, so würdest du dadurch Freude haben.“ Da sagte der Richter zu Seele: „Dein Wille ist dein Richter, und danach wirst du gerichtet werden.“

Nun wandte der Richter sich an mich, die all dies sah, und sagte zu mir: „Wehe ihm! Er ist schlimmer als der Räuber. Seine Seele war nämlich käuflich. Er hat die Unreinheit des Leibes gewollt und seinen Nächsten betrogen. Daher rufen die Stimmen der Menschen Rache über ihn, die Engel wenden ihr Antlitz von ihm ab, und die Heiligen fliehen seine Gesellschaft.“
Und der Teufel nahte sich dieser Seele, die wie er selber war, und sagte: „O Richter, hier sind wir beide. Ich selber bin in meiner Bosheit schlecht; ich bin nicht erlöst und werde nie erlöst werden. Aber er ist sozusagen mein zweites ich, denn obwohl er erlöst ist, wurde er wie ich und gehorcht mir nun lieber, als dir. Sprich mir deshalb diese Seele zu!“

Der Richter sagte: „Wenn du dich demütigen würdest, würde ich dir doch die Herrlichkeit schenken, denn wenn diese Seele in ihrer Todesstunde um Vergebung gebeten und sich vorgenommen hätte, sich zu bessern, so wäre sie nie in deine Hände geraten. Aber weil sie darin beharrte, dir bis zuletzt zu gehorchen, daher ist es gerecht, dass sie auf ewig dein bleibt. Doch wird das Gute, das sie vielleicht in ihrem Leben getan hat, deine Bosheit zurückhalten, so dass du sie nicht so sehr plagen kannst, wie du willst.“

Der Teufel rief aus: „Also gehört sie mir! Ihr Fleisch wird, wie man sagt, mein Fleisch sein (obwohl ich ja nicht fleischlich bin), und ihr Blut wird mein Blut sein.“ Und der Teufel schien sich sehr darüber zu freuen und fing an, in die Hände zu klatschen. Der Richter sagte zu ihm: „Warum freust du dich so, und welche Freude hast du über die Verdammnis einer Seele? Sag das, da meine hier anwesende Braut es hört! Sicher weiß ich alles, aber diese meine Braut kann das Geistliche nicht fassen, sondern nur im Gleichnis. Antworte!“

Da sagte der Teufel: „Wenn diese Seele brennt, dann brenne ich umso mehr und noch heftiger, und wenn ich sie anzünde, so werde ich noch schlimmer angezündet. Aber dass du sie mit deinem Blut erlöst hast und sie so sehr liebst, dass du, Gott, dich selber für sie hingabst, und ich sie trotzdem fangen konnte – darüber freue ich mich.“
Der Richter sagte: „Deine Bosheit ist groß. Aber sieh dich um! Ich erlaube dir, zu sehen.“ Und sieh, da stieg der schönste Stern zur Himmelshöhe auf, und als der Teufel ihn erblickte, wurde er still. Der Herr sagte zu ihm: „Wem ist er gleich?“ Der Teufel antwortete: „Er strahlt mehr als die Sonne, so wie ich schwärzer bin als Rauch. Er ist mit aller Lieblichkeit und göttlichen Liebe gefüllt, während ich voll von aller Bosheit und Bitterkeit bin.“

Der Herr sagt: „Wie nimmst du dies auf, und was willst du geben, dass sie in deine Gewalt kommt? Der Teufel antwortete: „Alle Seelen, die seit der Zeit Adams bis jetzt in die Hölle gekommen sind, will ich gern geben, um diese zu bekommen, und ich will außerdem eine so grausame Qual erdulden, dass – wenn die Spitzen von unzähligen Schwertern so dicht in einem Pfeiler säßen, dass zwischen einer Spitze und der anderen nicht der Abstand einer Nadel wäre, so würde ich gern über diese Schwertspitzen von der Himmelshöhe bis hinab zur Hölle wandern, wenn nur dieser Stern in meine Gewalt kommen würde.“

Der Herr antwortete: „Du spürst einen gewaltigen Hass auf mich und meine Auserwählten. Ich bin so liebevoll, dass – wenn es mir möglich wäre, noch einmal zu sterben, würde ich gern für jede Seele und für jeden unseren Geist eine solche Pein erleiden, wie ich sie einmal am Kreuz für alle Seelen litt, so dass es keinen einzigen unreinen Geist mehr geben würde. Aber du bist so neidisch, dass du nicht willst, dass eine einzige Seele zu mir kommt.“

Dann sagte der Herr zu der guten Seele, die wie ein Stern aussah: „Komm, meine Auserwählte, zu der Freude, nach der du dich gesehnt hast! Komm zu der Lieblichkeit, die nie ein Ende nehmen wird! Komm zu deinem Gott und Herrn, nach dem du sich so gesehnt hast! Ich werde dir mich selber schenken, in dem alle Güte und alle Lieblichkeit vorhanden ist. Komm zu mir aus der Welt, die wie Schmerz und Qual ist, weil nur Elend darin wohnt!“

Und zu mir gewandt, die all dies im Geiste schaute, sagte der Herr: „Sieh, Tochter, dies alles ist vor mir in einem Augenblick geschehen, aber weil du das Geistliche nicht ohne ein Gleichnis erfassen kannst, deshalb werde ich dir dies so zeigen, damit der Mensch verstehen kann, wie streng ich gegen die Bösen bin, und wie milde zu den Guten.“

Erklärung
Eine Seele wurde vor den Richter geführt. Vier Neger folgten ihr, und sie sagten zum Richter: „Sie dir die Beute an! Wir sind ihr gefolgt und haben auf alle ihre Wege Acht gegeben, und nun ist sie in unsere Hände gefallen. Was sollen wir tun?“ Der Richter sagte: „Was habt ihr gegen sie vorzubringen?

Der erste Neger antwortete: „Du, Gott, hast gesagt: „Ich bin gerecht und barmherzig, wenn es um Sünden der Menschen geht. Aber diese Seele hat sich so benommen, als ob sie zu ewiger Verdammnis geschaffen wäre.“ Der zweite Neger sagte: „Du, Herr, hast gesagt, dass der Mensch gegen seinen Nächsten gerecht sein und ihn nicht betrügen soll, aber diese betrog ihren Nächsten, nahm sich, was sie konnte und was sie wollte, ohne etwas zurücklassen zu wollen.“

Der dritte Neger sagte: „Du hast gesagt, dass der Mensch das Geschaffene nicht mehr als den Schöpfer lieben soll, aber diese Seele hat alles andere geliebt, außer dir.“ Der vierte Neger sagte, dass niemand den Himmel betreten kann, außer der, der sich von ganzem Herzen nach Gott sehnt und ihn sucht, aber diese Seele hat nichts Gutes haben wollen, und etwas Geistliches hat ihr nicht gefallen. Das, was sie für dich getan hat, das tat sie nur, um den Christen nicht aufzufallen und für unchristlich gehalten zu werden.“

Da sagte der Richter zur Seele: „Was sagst du über dich selbst?“ Sie erwiderte: „Mein Herz ist verhärtet, und ich wünsche dir Böses und nichts Gutes, dir, der mein Schöpfer und Erlöser ist. Doch werde ich nun gezwungen, die Wahrheit sagen. Ich bin wie eine nicht ausgetragene Fehlgeburt, blind und lahm und verachte die Ermahnungen meines Vaters. Deshalb sagt mir mein Gewissen mein Gericht, dass ich denen in die Qual folgen werde, deren Sitten ich nachahmte, und deren Rat ich auf Erden befolgt habe.“ So ging die Seele laut weinend vom Angesicht des Richters fort, und die Vision verschwand.

Das letzte in dieser Offenbarung betrifft den Bruder Algot, Prior in Skara und Magister der Theologie. Er war drei Jahre blind und litt an Nierenstein. Dann starb er eines seligen Todes. Die Hl. Birgitta bat für ihn, dass er gesund werden möge, und da hörte sie im Geist folgende Antwort: „Er ist ein leuchtender Stern. Es ist nicht angebracht, dass die Seele durch die Gesundheit des Körpers verdunkelt wird. Er hat jetzt nämlich den Kampf gekämpft und ihn vollendet, und es fehlt nur noch, dass er den Siegerkranz erhält. Und das soll für dich das Zeichen sein, dass die Plagen des Fleisches von dieser Stunde an gelindert werden, und dass die ganze Seele von der Liebe zu mir entzündet wird.“