90. Kapitel

Als Magister Mattias mit einem Mönch von großem Ansehen, seinem vertrauten Freund, über die Gnadengabe sprach, himmlische Visionen zu sehen, die der Braut von oben geschenkt wurden, sagte dieser Mönch: „Es ist nicht glaubhaft und stimmt nicht mit der Schrift überein, dass Gott von denen gewichen wäre, die enthaltsam sind und auf die Welt verzichtet haben, und seine Geheimnisse vornehmen Damen offenbart habe.“ Obwohl der Magister viele Gründe dafür aufführte, stimmte der andere doch nicht zu.

Als die Braut gehört und gesehen hatte, dass der Magister betrübt war, begann sie ihre Gebete zu verrichten, und da hörte sie, im Geist entrückt, Christus zu ihr sagen: „Die Krankheit vieler Menschen ist so gefährlich, dass sie durch die Medizin selbst krank werden. Deshalb soll man ihnen keine solche geben, damit sie nicht noch kränker werden. Ich bin das Heilmittel der Kranken und die Wahrheit für die Verirrten, aber dieser redselige Mönch begehrt gar keine Medizin, denn er hat den Dreck eitler Weisheit in seinem Herzen. Deshalb werde ich ihm eine Maulschelle mit meiner Hand geben, und alle sollen hören, dass ich nicht ein Gott von vielen Worten bin, sondern ein wirkender und furchtbarer Gott.“
Dieser selbe Mönch demütigte sich hernach in Trübsal und starb gelähmt.