93. Kapitel

Die Braut sah im Geist eine Frau, die auf einem Strick saß. Ein gut aussehender Mann hielt den einen ihrer Füße hoch, und eine Jungfrau von wunderbarer Schönheit den anderen. Da zeigte sich die hl. Maria und sagte: „Diese Frau, die du kennst, war in viele Sorgen des Fleisches und der Welt verwickelt und wurde wunderbar bewahrt, so dass sie nicht gefallen ist. Sie hatte oft den Willen, zu sündigen, hatte aber keine Gelegenheit dazu, und das bewirkte das Gebet von Petrus, dem Apostel meines Sohnes. Und als sie die Gelegenheit hatte, hatte sie nicht den Willen, und das lag an meiner Liebe – der ich die Mutter Gottes bin.

Aber da ihre Stunde nun gekommen ist, rät ihr der hl. Petrus, dass sie eine gewisse Strenge in ihrer Kleidung walten lässt, denn selbst dieser höchste Apostel musste Nacktheit, Gefangenschaft und Hunger ertragen, obwohl er mächtig im Himmel und auf Erden war. Und ich, Gottes Mutter, die keine Stunde auf Erden ohne Trübsal des Herzens erlebt habe, ich rate, dass sie sich nicht schämen soll, demütig zu sein, sondern Gottes Freunden gehorcht.“

Dann offenbarte sich gleich der hl. Apostel Petrus, der zur Braut sagte: „Du neue Braut unseres Herrn und Gottes, geh und frage die Frau, die ich geliebt und bewahrt habe, ob sie ganz meine Tochter sein will.“ Und als sie gefragt wurde und zustimmte: „Ja, ich will es von ganzem Herzen“, antwortete der hl. Petrus: „Ich werde für sie sorgen, wie für meine Tochter Petronilla und sie in meine Obhut nehmen.“

Als die Frau das hörte, änderte sie gleich ihr Leben, und nicht lange danach wurde sie von einer Krankheit befallen, die sie nicht mehr verließ, ehe sie – gereinigt und mit tiefster Frömmigkeit – den Geist aufgab. Ja, als diese Frau in den letzten Zügen lag, sah sie den hl. Apostel Petrus im Bischofsgewand und den hl. Märtyrer Petrus in der Tracht der Predigerbrüder; beide hatte sie zu Lebzeiten innig geliebt. Und nun sagte sie laut: „Was ist das, meine Herren?“

Als die anwesenden Frauen sie fragten, ob sie etwas sähe, antwortete sie: „Wunderbare Dinge, denn ich sehe meinen Herren, den Apostel Petrus, in das Bischofsgewand gekleidet, und den Märtyrer Petrus in der Tracht der Predigerbrüder, und ich habe sie immer geliebt und immer auf ihre Hilfe gehofft.“ Und gleich rief sie: „Gesegnet sei Gott! Sieh, ich komme!“ und entschlief im Herrn.