94. Kapitel

Gottes Mutter spricht: „An einem solchen Tag wie heute ist mein Sohn von den Toten auferstanden, stark wie ein Löwe, da er die Macht des Teufels zunichte machte und die Seelen seiner Auserwählten befreite, die mit ihm zur Freude des Himmels auffuhren. Aber nun kannst du fragen, wie die Seelen waren, die er damals aus dem Todesreich befreite, ehe er zum Himmel auffuhr.

Ich antworte dir, dass sie in einer Freude waren, die keinem außer meinem Sohn bekannt war. Denn wo immer mein Sohn ist, da war und ist Freude und Ehre. Er hat ja zu dem Räuber gesagt: „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.“ Viele verstorbene Heilige sind auch in Jerusalem auferstanden; wir haben sie gesehen. Ihre Seelen sind mit meinem Sohn aufgefahren, aber die Körper warten zusammen mit den anderen auf das Gericht und die Auferstehung. Mir, der ich Gottes Mutter war, und nach seinem Tode von einer unbeschreiblichen Trauer geplagt wurde, zeigte sich dieser mein Sohn früher als anderen, ja er zeigte sich mir leibhaftig, tröstete mich und erinnerte mich, dass er sichtbar zum Himmel aufsteigen würde. Und obwohl dies meiner Demut wegen nicht aufgeschrieben ist, ist es doch vollkommen wahr, dass sich mein auferstandener Sohn mir früher als anderen zeigte.

Da mich nun mein Sohn an einem Solchen Tag wie heute tröstete, will ich von heute an deine Versuchungen vermindern und dich lehren, wie du ihnen widerstehen sollst. Du wunderst dich, warum du noch im Alter von solchen Versuchungen heimgesucht wirst, die du in deiner Jugend oder während deiner Ehe nie erfahren hast. Ich antworte dir, dass dies geschieht, damit du weißt, dass du nichts ohne meinen Sohn bist und nichts kannst, und dass es, wenn mein Sohn dich nicht bewahrt hätte, keine einzige Sünde gegeben hätte, in die du nicht verwickelt wärst.

Deshalb gebe ich dir jetzt drei Heilmittel gegen die Versuchungen. Wenn du von einer unreinen Versuchung heimgesucht wirst, sollst du sagen: „Jesus, Gottes Sohn, der du alles weißt, hilf mir, dass ich keine Lust an eitlen Gedanken finde.“ Wenn es dich gelüstet, zu sprechen, sollst du sagen: „Jesus, Gottes Sohn, der du vor dem Richter geschwiegen hast, halte meine Zunge, bis ich denken kann, was und wie ich reden soll.“
Wenn es dich aber gelüstet, zu arbeiten, zu ruhen oder zu essen, sollst du sagen: „Jesus, Gottes Sohn, der du gebunden warst, lenke meine Hände und alle meine Glieder, so dass meine Werke einem guten Zweck dienen.“ Und dies soll das Zeichen für dich sein, dass dein Diener, nämlich dein Leib, von diesem Tage an nicht die Herrschaft über seinen Herrscherin, nämlich deine Seele, erringen wird.“

Zusatz
Frau Birgitta wurde in ihrem Gebet versucht. Maria sagte zu ihr: „Der Teufel ist wie ein neidischer Späher, der die Guten zu verklagen und zu hindern sucht, so dass sie in ihren Gebeten keine göttliche Erhörung erfahren. Deshalb sollst du, von welcher Versuchung du auch während des Betens heimgesucht wirst, trotzdem beten, ja dich bemühen zu beten, denn deine gute Absicht und Anstrengung sollen dir als Wirkung des Gebetes angerechnet werden. Und wenn du die unreinen Einfälle nicht aus deinem Sinn vertreiben kannst, so wird dir doch die Anstrengung als Verdienst angerechnet werden, wenn du nur nicht den Versuchungen beipflichtest, und sie gegen deinen Willen geschehen.“