10. Kapitel

Freue dich ewiglich, du gesegneter Leib Gottes, in deiner ewigen Ehre, deinem ewigen Sieg und immer währenden Macht, eins mit deinem Vater und dem Heiligen Geist, und auch mit deiner gesegneten, allerwürdigsten Mutter und dem ganzen ehrenreichen himmlischen Hof! O ewiger Gott, dir sei gleichfalls Lob und unendlicher Dank, weil du geruht hast, Mensch zu werden und uns hier auf Erden deinen ehrwürdigen Leib aus materiellem Brot hast weihen wollen und uns den liebevoll als Speise zur Rettung unserer Seelen beschert hast!

Es geschah einem Menschen, der im Gebet versunken war, dass er eine Stimme hörte, die zu ihm sagte: „O du, der die Gnade empfangen hat, geistlich zu hören und zu sehen, höre nun, was ich dir über den Erzbischof offenbaren will, der sagte, wenn er Papst wäre, würde er allen Klerikern und Priestern erlauben, fleischlich eine Ehe einzugehen. Er dachte und glaubte, dies wäre Gott wohlgefälliger, als dass sie so leichtfertig leben, wie sie es jetzt tun. Er glaubte, dass durch eine solche Ehe schwerere fleischliche Sünden vermieden würden, und obwohl er Gottes Willen hierin nicht richtig verstand, war dieser Erzbischof doch ein Freund Gottes.

Aber nun will ich dir Gottes Willen in dieser Angelegenheit sagen, denn ich habe ja Gott selbst geboren. Du sollst dies meinem Bischof verkünden und ihm sagen: Die Beschneidung wurde Abraham gegeben, lange bevor dem Mose das Gesetz gegeben wurde, und zur Zeit Abrahams wurden die Menschen, ein jeder nach seinem Verstand und nach seinem eigenen Willen geführt, und doch waren viele von ihnen Gottes Freunde. Aber nachdem dem Mose das Gesetz gegeben war, gefiel es Gott mehr, dass die Menschen unter dem Gesetz und dementsprechend leben sollten, statt dass sie ihrem eigenen menschlichen Verstand und Gutdünken folgen würden.

In ähnlicher Weise war es mit dem gesegneten Leibe meines Sohnes. Denn nachdem er das neue Sakrament dieser Eucharistie auf der Welt gestiftet hatte und zum Himmel aufgefahren war, wurde noch das alte Gesetz eingehalten, so dass die christlichen Priester in fleischlicher Ehe lebten. Nichts destoweniger waren viele von ihnen Gottes Freunde, denn sie glaubten in Einfalt und Reinheit, es würde Gott gefallen, dass christliche Priester Ehefrauen hatten und in einer Ehe lebten, wie es ihm früher gefallen hatte, dass die jüdischen Priester so lebten, und so lebten die christlichen Priester lange Zeit in dieser Weise.

Aber dieser alte Brauch war für den ganzen himmlischen Hof und für mich, der seinen Leib geboren hatte, ganz abscheulich und verhasst; wir konnten es nicht leiden, dass dieser Brauch von den christlichen Priestern geübt wurde, die mit ihren Händen dieses neue und unbefleckte Sakrament des allerheiligsten Leibes meines Sohnes berührten. Denn die Juden im alten Gesetz des Alten Bundes besaßen nur einen Schatten oder ein Vorbild zu diesem Sakrament; die christlichen Priester haben dagegen in diesem gesegneten und geweihten Brot die Wahrheit selbst, nämlich Christus, wahrer Gott und Mensch.

Nachdem die christlichen Priester eine Zeitlang so gelebt hatten, sandte Gott durch seinen Heiligen Geist dem Papst, der damals die Kirche lenkte, eine Eingebung ins Herz, ein anderes Gesetz darüber zu stiften, das ihm besser gefiel: Er gab dem Papst nämlich den Gedanken ins Herz, dass er für die ganze Kirche bestimmen sollte, dass sich die christlichen Priester, die ein so heiliges und höchstwürdiges Amt hatten, nämlich dieses kostbare Sakrament zu verwalten, auf keinen Fall mit der Lust der fleischlichen Ehe beflecken sollten.

Und deshalb ist es durch Gottes vorher gegebene Anordnung und durch sein Urteil gerecht bestimmt, dass die Priester, die nicht in Keuschheit und Enthaltsamkeit des Fleisches leben, vor Gott verdammt und gebannt sind und verdienen, ihr Priesteramt zu verlieren. Doch sollen die, die sich mit dem ehrlichen Vorsatz bessern, nicht mehr zu sündigen, von Gott Barmherzigkeit erhalten.

Du sollst auch das wissen, dass – wenn ein Papst den Priestern erlauben würde, eine fleischliche Ehe einzugehen, er von Gott auf geistlichen Weise von demselben Gericht betroffen werden würde, wie der Mann, der so schwer gesündigt hat, dass ihm die Augen nach gesetzmäßiger Gerechtigkeit ausgerissen würden, seine Zunge abgeschnitten und die Lippen und seine Nase abgeschnitten würden und ihm die Ohren, Hände und Füße abgehauen werden, alles Blut in seinem Körper vergossen wird und der blutlose Körper hinausgeworfen wird, um von Hunden und anderen wilden Tieren gefressen wird.

So soll es auf geistliche Weise dem Papst ergehen, der gegen Gottes Anordnung und Willen den Priestern die Erlaubnis gibt, eine Ehe einzugehen. Ja dieser Papst würde sein geistliches Augenlicht und Gehör und seine geistlichen Worte und Taten verlieren; seine ganze geistliche Klugheit sollte völlig erkalten, und nach dem Tode soll seine Seele in die Hölle geworfen werden, um ewig gepeinigt zu werden und dem Teufel ohne Ende zum Fraß dienen.

Sogar wenn der hl. Papst Gregorius eine solche Bestimmung eingeführt hätte, wäre er von diesem Gericht betroffen und hätte niemals Gnade von Gott gefunden, ehe er nicht vor seinem Tode die Verordnung demütig zurückgenommen hätte.