Als Frau Birgitta auf Zypern war, bat die Königin Eleonora sie, dass sie für ihren Sohn, den König, und für das Reich zu Gott beten solle. Frau Birgitta reiste dann nach Jerusalem, und als sie dort eines Tages im Gebet versunken war, offenbarte sich ihr Christus und gab ihr diese Ratschläge, die sie dem besagten König und seinem Onkel, dem Fürsten von Antiochien, schreiben sollte. Und er befahl ihr, dass sie wie von sich selbst und nicht im Namen Christi schreiben sollte.
18. Kapitel

Die Braut schreibt an den König von Zypern und den Fürsten von Antiochia: Der erste Rat ist, dass ein jeder von euch vor seinem Beichtvater ein ehrliches und vollständiges Bekenntnis über alles ablegt, was er gegen Gottes Willen begangen hat; dann sollt ihr den gesegneten Leib unseres Herrn Jesus Christus in Gottesfurcht und Gottesliebe empfangen. Der zweite Rat ist, dass ihr beide in wahrer Liebe vereint seid, so dass ihr ein Herz für Gott und zu seiner Ehre seid, indem ihr das Reich zu Gottes Ehre und zum Wohl der Untertanen regiert.

Der dritte Rat ist, dass ihr beide in wahrer Liebe mit euren Untertanen vereint seid, indem ihr aus Ehrfurcht vor Jesus Christi Leiden und seinem Tod allen vergebt und sie schont, die beim Tode eures Vaters, König Peter, mit Rat und Tat und Einvernehmen zusammengearbeitet haben. Nehmt sie von eurem ganzen Herzen in eure Liebe auf, auf dass Gott euch in seiner Barmherzigkeit annimmt, und dass er euch Kraft und Stärke gibt, das Reich zu seiner Ehre zu regieren.

Der vierte Rat ist, dass ihr, weil Gott euch in seiner Vorausschau als Steuermann des Reiches eingesetzt hat, alle dankbare Fürsorge und Rücksichtnahme anwendet, wenn ihr mit allen Vorstehern der Kirchen und Klöster redet und sie nachdrücklich, aber liebevoll ermahnt, dass sie alle und ihre Untergebenen sich in all den Punkten bessern, in denen sie irgendwie (geistlich oder zeitlich) von der frommen Einrichtung der heiligen Väter, ihrer Vorgänger, abgewichen sind, und schleunigst umkehren, um mit reinem Sinn der früheren Art ihrer Vorgänger zu leben, so dass ihre Lebensart sich völlig ändert und sie und ihre Untergebenen, nachdem sie sich gebessert haben, Gottes Freundschaft gewinnen und würdig werden, Gott zu bitten, dass seine Barmherzigkeit den Zustand der ganzen Kirche in Heiligkeit der Tugenden erneuern möge.

Der fünfte Rat ist, dass ihr um der großen Liebe willen, mit der Gott eure Seelen geliebt hat, die Seelen eurer Untertanen lieben wollt. Ihr sollt eurer Ritterschaft raten, dass alle, die Gott irgendwie erzürnt haben, sich schnell und demütig bessern und alle, die unter dem Gehorsam der römischen Kirche stehen und das Alter der Vernunft erreicht habten, demütig zur Beichte gehen, sich mit den Mitmenschen versöhnen, die sie beleidigt haben, und in Eintracht mit ihnen leben. Nachdem sie sich gebessert haben, sollen sie (in der Kommunion) Christi ehrwürdigen Leib empfangen und dann ein katholisches Leben führen, d.h. treu im Ehestand oder Witwenstand oder im lobenswerten Stand der Jungfräulichkeit leben und all das befolgen, was die heilige Kirche befiehlt.

Sie sollen ihre Diener, Untergebenen und alle, über die sie irgendwie Macht haben, mit gutem Beispiel, mit Wort oder Tat liebevoll ermahnen, dasselbe zu tun, und sie mit guten Ermahnungen stärken, an ihrem Vorsatz festzuhalten. Und seid überzeugt, dass alle, die in diesen Dingen nicht gehorchen wollen, Schaden an Leib und Seele leiden werden.

Der sechste Rat ist, dass ihr mit allen Kirchenvorstehern redet, dass sie alle ihre Kleriker, die Hirten der Kirche, nachdrücklich und fleißig ermahnen, dass ein jeder gewissenhaft in seiner Gemeinde nachforscht, ob es einige Bewohner im Amtsbezirk gibt, die ein schlechtes Leben führen und zur Schande für Gott und in Verachtung der heiligen modernen Kirche in öffentlichen Sünden leben. Und wenn es solche gibt, die ungescheut in ihren offenen Sünden leben, soll man sie nachdrücklich vor den Gefahren für ihre Seelen warnen und sie die geistlichen Heilmittel lehren, durch die sie sich demütig bessern können und müssen.

Aber wenn manche, die in öffentlichen Sünden leben, nicht demütig gehorchen wollen, so sollen es die Hirten dieser Seelen nicht unterlassen, dies ihren Vorgesetzten und Bischöfen zu berichten, damit die Frechheit der Widerspenstigen von den Prälaten gesetzlich unterdrückt und mit kirchlichen Strafen belegt werden.

Wenn dagegen die Bischöfe und Vorgesetzten wegen Verhärtung oder des Hochmuts der Sünder oder auf Grund ihrer weltlichen Macht nicht in der Lage sind, sie zurechtzuweisen und zu strafen, da wird euch, meine Herren, der Rat gegeben, dass ihr mit eurer mächtigen Hand mit diesen Herren Prälaten zusammenarbeitet, so dass die Sünder sich dank eurer Hilfe und Einwirkung bessern lassen, Buße tun und sich bessern, und so Gottes Erbarmung gewinnen.