11. Kapitel

Nachdem ein König und eine Königin zwei Söhne bekommen hatte, gaben sie sich einander das Versprechen der Keuschheit und Enthaltsamkeit. Man bat die Braut, dass sie beten solle, um Gottes Willen dabei zu erfahren, und da offenbarte sich ihr Christus und sagte: „Die Schrift sagt, dass der Mensch sich nicht erdreisten soll, das zu trennen, was Gott zusammengefügt hat. Wer wagt es da, das zu verändern, was durch Gottes Gesetz vernünftig bestätigt und geheiligt ist?

Doch kann eine berechtigte Ursache manchmal etwas, was fleischlich gut ist, in etwas verwandeln, was geistlich gut ist, und es liegt dann keine Auflösung der Ehe vor, sondern nur eine Art Veränderung, wenn zwei Eheleute nach reiflicher Überlegung und Beratung sich aus Liebe zu Gott auf etwas Gutes einigen, was noch besser ist. Dieser König und diese Königin haben sich aber auf etwas geeinigt, das aussah, als wäre es gut, aber nicht klug war, denn der eine war mit dem Reinheitsversprechen aus sündiger Brunst, unklugem Eifer und Flüchtigkeit und unstetem Sinn heraus einverstanden, der andere aus irgendeiner Lust, den Menschen zu gefallen, aus einem plötzlichen Einfall und um den Geburtswehen zu entgehen.

Daher ist es sicherer und lobenswerter, dass sie auf das erste Gesetz und die erste Ordnung des ehelichen Zusammenlebens zurückkommen, denn wenn sie das unkluge Verhalten fortsetzen, entstehen vielleicht Versuchungen und Reue über den gemachten Vorsatz. So kann ein schlimmeres Übel und Anlass zu Verleumdung entstehen. In dieser Angelegenheit sollen die beiden Eheleute nach dem Rat der Weisen handeln. Es ist nämlich keine Sünde, klugerweise das zurückzunehmen, was man in unkluger Weise begonnen und versucht hat.“