49. Kapitel

Der Herr sprach zur Braut und sagte: „Im Volk Israel gab es drei Arten von Menschen. Manche von ihnen liebten Gott und Mose. Andere liebten sich selbst mehr als Gott. Andere liebten weder Gott noch Mose, sondern nur das Irdische. Als dieses Volk in Ägypten war, wurden alle Gottes Kinder und Israels Kinder genannt, aber alle dienten Gott nicht in gleichem Maße. So war es auch, als es Gott gefiel, das Volk aus Ägypten herauszuführen: Manche glaubten an Gott und Mose, aber andere erzürnten Gott und Mose, und daher zeigte Gott seine große Barmherzigkeit und Gerechtigkeit gegenüber den Widerspenstigen.

Aber jetzt kannst du fragen, warum Gott das Volk herausführte und es nicht länger in Ägypten plagte, wenn er im Voraus wusste, dass die Zeit des Erbarmens noch nicht da war und das Maß der Bosheit der Menschen noch nicht voll war. Ich antworte selbst: Gott wählte das Volk Israel als Lehrlinge aus, um sie in der Wüste zu unterweisen und zu prüfen. Deshalb war es für sie notwendig, einen Lehrer zu haben, der mit Wort und Tat vor ihnen herging. Und damit die Schüler besser unterwiesen werden konnten, war die Wüste notwendiger als Ägypten, denn die Ägypter hätten sie unter der Zucht von Gottes Gerechtigkeit zu sehr beunruhigen können, und durch Zeichen von Barmherzigkeit, die von den Hunden verborgen bleiben sollten, wären sie selbst Unklugerweise in Hochmut verfallen.

Ferner sollte Mose als Lehrmeister des Volkes erprobt werden, damit er, der Gott offenbar war, auch den Schülern bekannt werden sollte, die ihn nachahmen sollten. Ja, durch die Unklugheit des Volkes, wurde er selbst noch mehr geprüft und durch Zeichen mehr bekannt, und trat für alle mehr hervor. Ich sage in Wahrheit, dass das Volk auch ohne Mose befreit worden wäre, und auch ohne Mose wäre das Volk gestorben.

Aber weil Mose so gut war, bekam das Volk einen leichteren Tod, und auf Grund von Moses Liebe erhielt das Volk eine herrlichere Krone. Das ist nicht verwunderlich, denn beim Tod von allen litt auch Mose und empfand Mitleid. Der Herr schob die Einlösung seines Versprechens auf, damit das Volk geprüft werden sollte, und Gott durch Zeichen, durch seine Barmherzigkeit und Geduld bekannt werden sollte, und damit die Undankbarkeit und der Wille des Volkes zur Warnung für kommende Geschlechter dienen sollte.

So haben sich auch viele Heilige durch Eingebung des Heiligen Geistes in Länder der Ungläubigen begeben. Auch wenn sie nicht gewonnen haben was sie wollten, wurden sie für ihren Willen herrlich gekrönt. Wegen ihrer Geduld und ihres guten Willens beschleunigte Gott die Zeit des Mitleids und bahnte ihnen umso schneller den neuen Weg, den sie selbst versucht hatten. Gottes Gerichte sollen also stets geehrt und gefürchtet werden, und man soll genau darauf achten, dass der menschliche Wille nicht dem Willen Gottes widerspricht.

Der König, über den ich jetzt mit dir rede und den du kennst, war nicht so gesinnt, wie es Mose war. Er kümmerte sich nämlich nicht darum, dass sein ganzes Volk ausstarb, wenn er nur selbst sein Leben und seine Ehre behalten konnte. Er wurde weiter von teuflischen Ratschlägen gelenkt, wollte seine Halsstarrigkeit und seinen unbeständigen Sinn nicht aufgeben, und wenn es sich um Ratschläge handelte, wollte er ihnen nicht gehorchen, was er hätte tun sollen, und die ihm die Milch der göttlichen Weisheit und der guten Zucht hätten schenken können. Das ist auch nicht verwunderlich, denn er ist der Wurzel des Menschen entsprossen, die Gott zum Zorn gereizt hat, und daher kommt er nur durch die Geißel (des Zorn) auf den rechten Weg.

Wisse auch, dass es in diesem Reich vier königliche Geschlechter gab. Beim ersten herrschte Ehrgeiz und Grausamkeit, aber Gott duldete sie wegen ein paar guter Taten und wegen der Sünden des Volkes. Bei dem zweiten herrschte Unmäßigkeit und Ungerechtigkeit, aber Gott demütigte es barmherzig und rief es von der Krone ab. Das dritte Geschlecht ging aus einer ehrgeizigen Wurzel und einem harten Stamm hervor, und es zeichnete sich durch Gewinnsucht und Eigenliebe aus. Daher strafte Gott es eine Zeitlang, so dass es im kommenden Dasein ein leichteres Los erhalten würde.

Bei dem vierten gab es vorgetäuschte Demut, mangelnde Gerechtigkeit und Verschwendungssucht. Deshalb will ich ihm liebevoll Barmherzigkeit erweisen und barmherzig urteilen, und wenn es nicht gehorcht, werde ich es vom Scheitel bis zur Sohle geißeln, so dass alle die es hören, sich darüber wundern und davor zittern, dass Gott Recht und Billigkeit wiederherstellt. Und er soll sich nicht zuversichtlich fühlen, weil ich ihn „Freund“ genannt habe, sondern soll auf das Ende der Worte warten, die sagen, dass – wenn er die Treue hält, die er mir gegeben hat, so werde auch ich mein Versprechen halten.“