Dienstags Lesung 2

Absolution. Hilf uns, liebenswerte Jungfrau, in den wilden Gefahren dieser Welt.

Kapitel 8. Die Vertreibung aus dem Paradies zeigte Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit für ihn selbst. Adam fürchtete Gott wegen seiner Gerechtigkeit und liebte ihn alle Tage seines Lebens wegen seiner Barmherzigkeit. Wahrlich, es stand gut um die Welt, solange seine Nachkommen dasselbe taten. Aber als die Menschen aufhörten, Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zu beachten, vergaßen viele von ihnen ihren Schöpfer, denn die Menschen glaubten das, was ihnen gefiel und verbrachten ihre Tage in verabscheuungswürdiger Weise in der Schändlichkeit fleischlicher Lust.

Das erweckte Gottes Abscheu, und er vernichtete alle Bewohner der Welt in der Sintflut – außer denen, die er durch seine vorbeugende Anordnung in Noahs Arche zum Wiederaufbau der Welt rettete. Aber als das Menschengeschlecht sich von neuem vermehrte, fiel es, verführt von der Eingebung des bösen Geistes, durch Abgötterei von der Verehrung des wahren Gottes ab und machte sich ein Gesetz, das Gottes Willen widersprach.

Gott besuchte jedoch, getrieben von seiner holden, väterlichen Güte, den wahren Nachfolger des Gottesglaubens Abraham und schloss einen Bund mit ihm und seinen Stammverwandten. Gott erfüllte Abrahams Sehnsucht, indem er ihm den Sohn Isaak schenkte und versprach, dass sein Sohn Jesu Christus von seinem Geschlecht geboren werden sollte. Es ist daher höchst wahrscheinlich, dass Gott auch Abraham zeigte, dass eine Tochter aus seinem Geschlecht, eine unbefleckte Jungfrau, Gottes Sohn gebären sollte.

Man kann auch glauben, dass Abraham sich noch mehr über diese kommende Tochter freute, als über seinen Sohn Isaak, und sie mit noch größerer Liebe als seinen Sohn Isaak liebte. Es ist auch leicht einzusehen, dass Gottes Freund Abraham zeitliche Güter nicht aus Hochmut oder Gewinnsucht erwarb, und einen Sohn nicht aus Freude für seinen Körper ersehnte. Er war nämlich wie ein guter Gärtner, der in treuem Gehorsam gegenüber seinem Herrn eine Weinrebe auf seinem Boden pflanzte und verstand, dass unzählige Weinstöcke daraus sprießen würden, und so ein auserlesener Weingarten entstünde.

Deshalb sammelte er Dünger, damit die Weinpflanzen daraus Nahrung erhielten und nicht verwelken, sondern umso reicher an Frucht werden sollten. Dieser Gärtner freute sich, weil er im Voraus wusste, dass ein Baum unter all seinen Pflanzen so hoch und stattlich werden würde, dass sein Gutsherr das größte Vergnügen daran finden würde, wegen der Schönheit dieses Baumes zu lustwandeln, und dass derselbe Gutsherr gern seine süßen Früchte schmecken und unter seinen schattigen Zweigen liebliche Ruhe genießen würde.

Mit dem Gärtner ist Abraham gemeint, mit dem Weinstock sein Sohn Isaak, mit den vielen Weinstöcken, die daraus entstehen würden, seine ganzen Nachkommen, mit dem Dünger irdische Reichtümer, die Gottes geliebter Freund Abraham nur zum Unterhalt des Gottesvolkes haben wollte – und mit dem wunderbar schönen Baum, der Jungfrau Maria, und mit dem allmächtigen Gott als Gutsherrn, der nicht in den Weingarten, d.h. zu Abrahams Geschlecht kommen wollte, als bis der hohe Baum dort wuchs – d.h. bevor die ehrenreiche Jungfrau Maria, seine geliebte Mutter, das reife Alter erreicht hatte. Ihr unschuldiges, reines Leben wird hier mit der Schönheit verglichen, die Gott gern sehen wollte, und ihre für Gott höchst wohlgefälligen Taten mit süßen Früchten, während der Schatten des Baumes ihren jungfräulichen Mutterleib bezeichnet, der von der Kraft des Höchsten überschattet wurde.

Abraham wusste davon, dass die Jungfrau, die Gott (d.h. Christus) gehören sollte, aus seinem Geschlecht hervorgehen würde, und er wurde mehr von ihr allein getröstet, als von allen Söhnen und Töchtern seines Stammes. Diesen Glauben und diese heilige Hoffnung, d.h. dass Gottes Sohn vom Geschlecht Abrahams geboren werden sollte, ließ Abraham seinem Sohn Isaak mit viel Vertrauen als Erbe. Dies geht daraus hervor, dass er seinen Diener, den er ausschickte, um die Frau für seinen Sohn zu holen, bei seinen Lenden schwören ließ, d.h. bei ihm, der in Zukunft aus seinen Lenden hervorgehen sollte. Damit deutete er an, dass Gottes Sohn aus seinem Geschlecht geboren werden sollte.

Und man weiß, dass Isaak durch den Segen, den er seinem Sohne Jakob gab, ihm dasselbe Erbe überließ, nämlich diesen Glauben und diese Hoffnung, und als Jakob alle seine zwölf Söhne jeden für sich segnete, so unterließ er es nicht, seinen Sohn Juda mit demselben Erbe zu trösten. Man sieht also, dass Gott von Anfang an seine Mutter (Maria) so sehr geliebt hatte, dass – so wie er, ehe etwas geschaffen worden war – sich am allermeisten über sie freute. So bescherte er auch seinen Freunden großen Trost damit, dass sie geboten werden sollte. So empfingen erst die Engel, dann der erste Mensch, und danach die Patriarchen jubelnde Freude durch die Gewissheit, dass Gottes ehrenreiche Mutter geboren werden sollte.