Sonntags Lesung 3

Absolution. Sie, die seine Herberge geworden ist, möge Gott gnädig gestimmt gegen uns machen.

Kapitel 3. Der Patriarch Abraham liebte seinen Sohn Isaak gleich, als ihm Gott versprach, dass er einen Sohn bekommen sollte, was Gott viele Jahre vorher versprach, ehe dieser Isaak geboren wurde. Aber mit noch größerer Liebe liebte derselben allmächtige Gott dich, lieblichste Jungfrau Maria, ehe etwas geschaffen wurde, denn er wusste schon von Ewigkeit her, dass du ihm zu seiner größten Freude geboren werden würdest. Keineswegs ahnte der Patriarch, dass die große Liebe, die er zu Gott hatte, durch den ihm versprochenen Sohn offenbart werden sollte.

Dagegen wusste Gott von Anfang an sehr wohl, dass die große Liebe, die er zum Menschengeschlecht hatte, allen durch dich offenbar werden sollte. Abraham wusste, dass sein Sohn mit Scham erzeugt und von einer Frau geboren werden sollte, mit der er fleischlichen Umgang hatte; Gott dagegen wusste im voraus, dass er in dir, du keuscheste Jungfrau, ehrbar ohne Mitwirkung irgendeines Mannes gezeugt würde und auf die keuscheste Weise von dir geboren würde, ohne deine Jungfräulichkeit zu verletzen.

Abraham verstand, dass das Fleisch seine Sohnes, nachdem er ihm geboren war, wesentlich von seinem Fleisch verschieden sein würde; Gott Vater dagegen wusste im voraus, dass dieses gesegnete Fleisch, das er bestimmt hatte, dass es sein geliebter Sohn von dir, o reine Jungfrau, annehmen sollte, keineswegs von seiner Majestät geschieden würde, denn wie ein eigener Gott ist der Sohn vom Vater wesentlich untrennbar, und der Vater auch vom Sohn.

Abraham verstand, dass das Fleisch, das von seinem Fleisch geboren war, verwesen und wie sein eigenes Fleisch zu Staub zerfallen würde, aber Gott wusste, dass dein reines Fleisch ebenso wenig aufgelöst oder wie sein eigenes allerheiligste Fleisch verwesen würde, das von deinem jungfräulichen Fleisch geboren werden würde.

Ehe sein Sohn geboren wurde, baute ihm Abraham ein Haus, damit er darin wohnen sollte, nachdem er geboren war, aber für dich, du unvergleichliche Jungfrau, wurde von Ewigkeit her das Haus bestimmt, da du wohnen solltest, nämlich der allmächtige Gott selbst. Dieses unbeschreibliche Haus hat dich nicht allein im Äußeren umgeben und dich vor allen Gefahren beschützt, sondern war auch innerlich in dir vorhanden und bestärke dich zur Vervollkommnung aller Tugenden.

Abraham besorgte weiter drei Dinge für seinen Sohn, ehe dieser gezeugt wurde, nämlich Saat, Wein und Öl, damit er sich davon ernähren sollte, wenn er geboren war. Diese drei Dinge waren im Ansehen, Wesen und Geschmack verschieden. Aber zu deiner Erquickung, du verehrungswürdige Jungfrau, war Gott von Ewigkeit her in drei Personen gefasst, die seitdem in ihrem göttlichen Wesen keineswegs geschieden waren. Und derselbe Gott wurde dich, Maria, du Ernährerin der Armen, zu ewiger Nahrung und Kost für das arme Menschengeschlecht gegeben.

Unter den drei Dingen, die der Patriarch für seinen Sohn besorgte, können die drei Personen – der Vater, der Sohn und der Heilige Geist verstanden werden. Denn wie das fette Öl nicht brennen kann, bevor der Docht hinzugesetzt wird, so leuchtete die warme, brennende Liebe nicht auf Erden offenbart, ehe sein Sohn von dir, du auserwählte Gottesbraut, einen menschlichen Leib annahm, der mit einem Docht verglichen werden kann.

Und wie der Weizen kein Brot werden kann, bevor er mit verschiedenen Geräten zubereitet ist, so trat auch Gottes Sohn, der die Speise der Engel ist, erst in Gestalt des Brotes zur Erquickung des Menschen auf, als sein Leib in deinem gesegneten Mutterleib aus mehreren Gliedern und Gelenken zusammengesetzt wurde. Und ebenso wenig, wie der Wein aufgetragen werden kann, wenn nicht vorher ein Gefäß bereitgestellt ist, kann die Gnade des Heiligen Geistes, die mit Wein verglichen werden kann, dem Menschen zum ewigen Leben gegeben werden, ehe der Leib deines liebenswerten Sohnes, der einem Gefäß vergleichbar ist, durch Tod und Leiden bereitet worden ist. Mit diesem Heilbringenden Gefäß wird nämlich die Lieblichkeit aller Gnadengaben Engeln und Menschen in reichlichster Weise zum Trank gegeben.