20. Kapitel

Erst soll man die Kirche, das Kloster der Schwestern und den Hof der Priester an ihren Plätzen errichten, wie oben gesagt ist. Danach soll man erst das Konvent einrichten. Und wenn man vielleicht nicht dies alles in kurzer Zeit vollenden kann, so soll man doch genau beachten, dass ein Konvent nicht eingerichtet wird, ehe nicht zumindesten so viel vollendet wird, dass das Klostervolk ohne Unruhe und Furcht da wohnen kann.

Auch sollen im Anfang nicht so wenige Schwestern aufgenommen werden, dass sie keine ausreichenden Kräfte haben, um ihr Offizium zu singen, und auch sollen es nicht weniger Priester sein, als dass sie jeden Tag imstande sind, die vorgeschriebenen Stundengebete zu singen. Dann sollen im Kloster so viele andere Personen aufgenommen werden, dass die angegebene Anzahl Schwestern und Brüder vollständig wird.

Jeder der erwähnte „Begründer“ des Klosters soll, wenn er in diesen Orden eintritt, einen so großen Geldbetrag mit sich führen, dass er jedes Jahr (mag es nun ein fruchtbares Jahr sein) ausreichend ist, ihm Brot und Trank zu liefern, und soll es von der Äbtissin verwalten lassen. Die Geldbeträge, die das Volk des Reiches freiwillig beiträgt, soll die Äbtissin verwenden, alle mit Nahrung, Kleidern und notwendigem Wohnraum zu versorgen.

Wenn die Anzahl der ersten Personen, die als Begründer des Klosters anzusehen sind, vollständig ist, und jeder von ihnen seine jährliche Versorgung mit Brot und Trank hat, dürfen die, die später in den Orden eintreten, oder andere Personen dem Kloster keine Güter oder Einkünfte Schenken, denn wenn eine Person im Kloster verstorben ist, wird eine andere anstelle der Abgeschiedenen nach der oben genannten Ordnung aufgenommen. Und bis eine andere Person den leeren Platz ausfüllt, sollen die Kleider und Einkünfte an Speise und Trank täglich zugunsten der Armen verwendet werden.

Jedes Jahr soll man vor dem Allerheiligentag berechen, wie viel man im nächsten Jahre für Essen und notwendige Dinge auszugeben hat, und was dann an Esswaren oder Geldern übrig bleibt, soll man an dem Tage oder Allerheiligentage d.h. am Tage Allerseelen den Bedürftigen geben. Dafür soll das Kloster nicht durch Aufnahme von Gästen belastet werden.

Man soll auch wissen, dass – wenn einmal das Essen des folgenden Jahres nicht ausreichend scheinen sollte, so soll man von den Geldern und Lebensmitteln des laufenden Jahres so viel für das kommende Jahr zurücklegen, wie nötig ist – aber nicht mehr, wenn die Äbtissin ihre Seele nicht in Gefahr bringen will. Das, was dann übrig bleibt, soll den Armen gegeben werden.
So oft man neue Kleider anschafft, soll man die alten den Armen geben. Die Äbtissin soll auch wissen, dass – wenn sie mehr oder prachtvolle, stattliche Häuser errichten lässt, als was der wahre Bedarf der (Kloster-) bewohne erfordert, so soll ihr dies als eine ebenso schwere Sünde angerechnet werden, als hätte sie armen Menschen deren eigene Nahrung und Kleidung geraubt.

Wenn dann jemand seinen Sohn oder Tochter dem Kloster anbietet, soll er dem Kloster immer ein Almosen opfern, doch keine Einkünfte an Geld oder Güterbesitz, so lange jede Person von den vorher geschenkten Gaben ihre Versorgung an Brot und Trank hat. Etwas soll jedoch geopfert werden, damit sie nicht mit leeren Händen vor Gottes Angesicht treten.

Diese Opfergabe soll nicht erzwungen und auch nicht vom Konvent festgelegt sein, sondern dem Willen und Ermessen des Opfernden angepasst sein, so dass man mit Dankbarkeit entgegennimmt, was er geben kann oder will. Personen, die völlig verarmt sind, sollen umsonst aufgenommen werden. Und merke dir weiter, dass das, was auf diese Weise geopfert wird, keinesfalls zugunsten des Klosters verwendet werden darf, sondern armen Leuten und bedürftigen Kirchen gegeben werden soll, sofern das Kloster nicht von einer Not betroffen ist, der unbedingt abgeholfen werden muss.

Im übrigen darf man unter keinen Umständen das entgegennehmen, was dem Konvent von irgendjemandem angeboten wird – außer Opfergaben von denen, die das Kloster gründen und zuerst in den Orden eintreten, und die nicht mit leeren Händen kommen dürfen. Sollte der Konvent jedoch von unerträglicher Not belastet werden und so gezwungen sein, das anzunehmen, was angeboten wird, so soll man vorsichtig sein und genau erforschen, ob es nicht schlecht erworbene Güter sind, die angeboten werden. Nach reiflicher Überlegung soll die Äbtissin zum Geber sagen: „Es ist uns vorgeschrieben, nur Gaben anzunehmen, die aus sicher und gut erworbenen Gütern bestehen. Ich bitte dich daher, an dem oder dem Tage wiederzukommen; nachdem du die Richtigkeit deiner Opfergabe genau untersucht hast, sollst du sie vor Zeugen deinem Gott opfern.“

Wenn er dann mit seinen Zeugen wiederkommt, soll seine Opfergabe angenommen werden, und der Konvent soll für ihn beten, und er soll zu seinen Wohltätern gerechnet werden. Aber wenn Zweifel bestehen, wie weit das gut oder schlecht erworben ist, und manche so und andere so meinen, dann darf es auf keinen Fall angenommen werden, in wie großer Not man auch ist; doch soll die Absicht des Spenders dem Konvent bekannt gegeben werden, und alle sollen und der Liebe willen für ihn beten.

Und wenn jemand den brennenden Wunsch hat, etwas zu opfern, aber der Konvent es nicht braucht, soll der Konvent zu ihm sagen: „Wir wollen gern deine Geschenke annehmen, und wir schließen dich in unsere Liebe ein, aber da wir diese Opfergaben nun selbst nicht brauchen, so raten wir dir und bitten dich demütig, dass du in unserem Auftrag und Namen diese Opfergaben an Arme oder an Kirchen weitergibst, deren Namen wir dir angeben.“ Und wenn er das verspricht und tut, so soll seine Bitte erhört werden.“