18. Kapitel

Liebliche Maria“, sagte die Braut, „gesegnet seist du mit ewigem Segen, denn du warst Jungfrau vor der Entbindung, Jungfrau nach der Entbindung, Jungfrau mit deinem Verlobten, zweifellos Jungfrau, als dein Bräutigam zweifelte. Deshalb sei du gesegnet, denn du warst Mutter und Jungfrau, du allein warst Gott am allerliebsten, du allein warst reiner als alle Engel, du allein warst mit dem Apostel am meisten von Glauben erfüllt, du allein warst am traurigsten im Herzweh, am edelsten in Enthaltsamkeit unter allen Bekennern, am höchsten in Enthaltsamkeit und Keuschheit unter allen Jungfrauen. Deshalb segnet dich alles droben im Himmel und unten auf Erden, denn durch dich ist Gott der Schöpfer Mensch geworden, durch dich findet der Gerechte Gnade, der Sünder Vergebung, der Tote Leben, und der Geächtete kehrt in sein Vaterland zurück.“

Die Jungfrau (Maria) erwiderte: „Es steht geschrieben, dass - als Petrus Zeugnis von meinem Sohn ablegte, dass er Gottes Sohn sei, diese Antwort erhielt: „Selig bist du, Simon, denn Fleisch und Blut haben dir dies nicht offenbart.“ Ebenso sage ich jetzt, dass deine fleischliche Seele dir diesen Gruß nicht offenbart hat, sondern Er, der ohne Anfang war und ohne Ende sein wird.
Deshalb sollst du demütig sein; dann werde ich dir barmherzig sein. Johannes der Teufer wird lieb zu dir sein, wie er versprochen hat, Petrus wird milde zu dir sein, Paulus wird stark wie ein Kämpfer sein. Ja, dann wird Johannes dir sagen: „Tochter, sitz auf meinen Knien“, Petrus wird dir sagen: „Tochter, öffne deinen Mund, so will ich dich mit leiblicher Kost sättigen.“ Paulus wird dich kleiden und mit den Waffen der Liebe ausrüsten, und ich, die Mutter ist, werde dich meinen Sohn verstellen.

Doch, meine Tochter, dies kannst du auch auf geistliche Art verstehen. Denn mit Johannes, was „Gottes Gnade“ bedeutet, wird wahrer Gehorsam bezeichnet. Er war und ist gewiss liebenswert. Johannes war seinen Eltern auf Grund seiner wunderbaren Gnade liebenswert, für die Menschen Grund seiner einzigartigen Verkündigung, für Gott wegen der Heiligkeit seines Lebens und seines Gehorsam. Ja, er gehorchte in seiner Jugend, gehorchte im Glück und Unglück, blieb gehorsam und demütig, als er Ehren ernten konnte, und war gehorsam noch im Tod.

Daher sagt der Gehorsam: „Sitze auf meinen Knien“, d.h. steig nieder zur Demut, und du wirst es hoch haben, verlass das, was hübsch aussieht, aber in Wahrheit bitter ist, und du wirst es lieblich haben. Gib deinen eigenen Willen auf, wenn du klein sein willst, verachte das Irdische, und du wirst himmlisch werden; verschmähe das Überflüssige, und du wirst geistlichen Überfluss haben.

Mit Petrus ist jedoch der Glaube der heiligen Kirche gemeint. Denn so wie Petrus standhaft bis zuletzt blieb, so wird der Glaube der heiligen Kirche ewig standhaft bleiben. Daher sagt Petrus, nämlich der heilige Glaube: „Öffne deinen Mund, und du wirst die üppigste Kost erhalten“, d.h. öffne den Verstand deiner Seele, und du wirst in der heiligen Kirche die lieblichste Kost finden – nämlich den Leib des Herrn im Sakrament des Altars, das neue Gesetz und das alte, die Auslegungen der Lehrer, die Geduld der Märtyrer, die Demut der Bekenner, die Reinheit der Jungfrauen und den Grund aller Tugenden.

Suche daher den heiligen Glauben in der Kirche des hl. Petrus, halte ihm im Gedächtnis und bringt ihn mit guten Taten zur Vollendung. Mit Paulus wird Geduld bezeichnet. Er brannte nämlich in seinem Eifer gegen die, die den heiligen Glauben bekämpfen, froh in Leiden, beharrlich in Hoffnung, geduldig in Krankheiten, mitfühlend mit den Trauernden, demütig in seinen Tugenden, freigebig gegenüber den Armen, barmherzig gegen die Sünder, Meister und Lehrer aller, der bis zuletzt in Gottes Liebe verharrte.

Deshalb wird Paulus, nämlich die Geduld, dich mit den Waffen der Tugenden versehen, denn die wahre Geduld, die auf das Beispiel und die Geduld Christi und seiner Heiligen gegründet und gestärkt ist, die zündet die Gottesliebe im Herzen an, feuert die Seele an, mit Stärke zu handeln, macht den Menschen demütig, milde, barmherzig, brennend für das Himmlische, wachsam, wenn es sie selbst betrifft, und beharrlich in dem, was sie begonnen hat.

Infolgedessen werde ich, die Mutter der Barmherzigkeit, jeden Menschen zu meinem Sohn hinführen, der auf den Knien der Demut Gehorsam leistet, der den Glauben mit lieblicher Kost sättigt und die Geduld mit den Waffen der Tugenden kleidet, und mein Sohn wird ihn mit der Krone seiner Lieblichkeit krönen. In ihm ist nämlich eine unergründliche Stärke vorhanden, eine unvergleichliche Weisheit, eine unsagbare Sittsamkeit und eine wunderbare Liebe. Und deshalb wird niemand ihn aus seinen Händen reißen können.
Wenn ich auch nur mit dir rede, meine Tochter, meine ich mit dir doch alle, die dem heiligen Glauben mit Werken der Liebe folgen. Denn so wie unter einem Manne Israel alle Israeliten verstanden wurden, so sind mit dir alle wahrhaft Gläubigen gemeint.“