47. Kapitel

Der Sohn spricht: „Wenn der Feind an die Tür klopft und schlägt, sollt ihr nicht sein wie die Ziegen, die gegen die Mauer laufen, und auch nicht wie Schafböcke, die sich auf ihre Füße stellen und sich mit den Hörnern stoßen, sondern sollt wie Küken sein, die, wenn sie einen Raubvogel in der Luft sehen, der ihnen schaden will, unter die Federn ihrer Mutter flüchten, um sich darunter zu verstecken.

Und wer ist euer Feind, wenn nicht der Teufel, der gegen alle guten Taten missgünstig ist und sozusagen an die Tür klopft und schlägt, wenn er mit Versuchungen auf den Sinn des Menschen einwirkt, manchmal ihn durch Zorn beunruhigt, manchmal mit herabsetzenden Reden, manchmal mit Ungeduld und Missvergnügen gegen Gottes Gerichte, wenn nicht alles nach dem Wunsch des Menschen geht? Er schlägt und beunruhigt euch auch fleißig mit zahllosen Gedanken, damit ihr von Gottes Dienst abgelenkt werdet, und eure guten Taten vor Gott verdunkelt werden.

Daher sollt ihr – was eure versuchenden Gedanken es auch sein mögen – euren Platz nicht verlassen und nicht wie Ziegen sein, die gegen die Mauer laufen, d.h. kein hartes Herz haben oder anderer Leute Taten in euren Herzen verurteilen, denn oft ist der, der heute schlecht ist, morgen gut. Stattdessen sollt ihr eure Hörner senken und stille stehn und lauschen, d.h. demütig sein und euch fürchten, indem ihr Geduld habt und betet, dass das, was schlecht begonnen hat, zum Besseren gewendet wird.

Ihr sollt auch nicht wie Böcke sein, die ihre Hörner schwenken, d.h. ihr sollt nicht ein Wort auf das andere und ein Schimpfwort auf das andere geben, sondern sollt geduldig still stehen und still sein, d.h. die Begierde des Fleisches kräftig zurechtweisen, so dass ihr euch bedenkt, wenn ihr redet und antwortet, und euch zur Geduld zwingt, denn ein rechtschaffener Mensch soll sich selbst besiegen und auch auf zulässiges Reden verzichten, um Schwätzereien zu vermeiden, und es unterlassen, anderen zu kränken.

Denn wer mit seinen Seelenregungen zu sehr ausdrückt, was er empfindet, scheint sich gewissermaßen selbst gehemmt zu haben und die Unbeständigkeit seines Sinnes gezeigt zu haben, und deshalb wird er die Krone nicht erlangen, nachdem er nicht eine Zeitlang Geduld haben wollte. Hätte er Geduld gehabt, hätte er seinen Bruder gewinnen können, der ihn kränkte, und hätte sich selbst eine größere Krone bereitet.

Was sind die Flügeln der Henne, wenn nicht Gottes Macht und Weisheit? Ich bin sicher wie eine Henne, denn die Küken, die meiner stimme nachlaufen, d.h. sich unter meinen Flügeln bergen wollen, verteidige ich gegen die Hinterlist des Teufels kräftig und rufe sie mit meinen Eingebungen klug zur Erlösung. Und was sind die Federn, wenn nicht meine Barmherzigkeit, denn wer sie empfängt, kann ebenso sicher wie das Küken sein, das unter den Schwingen seiner Mutter Schutz findet.

Seid also wie die Küken, die nach meinem Willen laufen, und sagt in allen Versuchungen und Unglücksfällen mit Wort und Tat: „Gottes Wille geschehe!“, denn ich verteidige die mit meiner Macht, die sich auf mich verlassen. Ich erquicke sie mit meiner Barmherzigkeit, erhalte sie mit meiner Geduld, besuche sie mit meinem Trost, erleuchte sie mit meiner Weisheit und belohne sie hundertfach in meiner Liebe.