62. Kapitel

Als ein Priester einen Toten begrub, der dreieinhalb Jahre bettlägerig gewesen war, hörte die Braut (Birgitta), wie der Geist zum Priester sagte: „Mein Freund, was tust du? Wie kannst du dich erdreisten, den Toten zu berühren, wenn deine Hände voller Blut sind? Warum rufst du seinetwegen zum Allmächtigen, wenn deine Stimme wie die der Kröten ist? Wie kannst du dich erdreisten, den Richter seinetwegen zu behelligen, wenn dein Verhalten und deine Sitten mehr denen eines Taschenspielers gleichen, als denen eines frommen Priesters? Deshalb soll die Kraft von meinen Worten dem Toten helfen, aber nicht dein Tun, und sein Glaube und seine lange Geduld werden ihm die Krone verschaffen.“

Weiter sagte der Geist zur Braut: „Dessen Hände sind blutig, denn alle seine Werke sind fleischlich. Er kann den Toten mit ihnen nicht berühren, denn er kann ihm nicht mit seinen Verdiensten helfen, sondern nur mit der Würde des Sakraments. Gute Priester helfen den Seelen nämlich auf zwei Arten: Teils mit der Kraft von Gottes Leib (in der Kommunion), teils mit der Liebe, von der sie entzündet sind. Seine Stimme ist wie die von Kröten, denn sie ist voll von schmutzigen Taten und ganz und gar auf die Wollust des Fleisches ausgerichtet.

Daher steigt sie nicht zu Gott empor, der durch die Stimme der Reue und der Beichte des Demütigen besänftig werden möchte. Seine Sitten sind wie die eines Taschenspielers. Denn was tut der Gaukler anderes, als sich nach den Sitten der Weltmenschen zu richten? Was singt er anders als dies: „Lasst uns essen und trinken, und gute Tage in diesem Leben haben?“

So handelt dieser, denn er ahmt alle in Tracht und Taten nach, um allen zu gefallen, und mit dem Beispiel seines ausschweifenden Lebens mahnt er alle zur Unmäßigkeit, indem er sagt: „Lasst uns essen und trinken, denn unsere Kraft ist des Herren Freude.“ Es reicht uns, wenn wir an die Ehrenpforte kommen. Wenn ich daran gehindert werde, einzutreten; es ist genug für mich, wenn ich an der Pforte sitze; ich will gar nicht vollkommen sein.“

Eine solche Einstellung und Lebensweise ist eine schwere Verirrung, denn niemand kommt in die Ehrenpforte, ohne vollkommen oder vollkommen gereinigt zu sein, und niemand wird die Ehre außer dem, der sie voll und ganz begehrt und fleißig dafür arbeitet, wenn er kann. Doch gehe ich, der Herr von allen, zu diesem Priester ein, aber ich werde doch nicht eingeschlossen und auch nicht befleckt. Ich gehe hinein wie ein Bräutigam, und ich gehe hinaus als Richter, um den zu richten, der mich verachtet hat, als er mich (in der Kommunion) verzehrte.

Deshalb werde ich, wie ich sagte, mit sieben Plagen über die Priester kommen: ihnen soll all das genommen werden, was sie geliebt haben, sie sollen von Gottes Augen verwiesen und in seinem Zorn gerichtet werden, sie sollen überlassen und ohne Unterlass gepeinigt werden, von allen verachtet werden, alles Gute verlieren, aber Überfluss an allem Bösen haben. Ebenso wie die Kinder Israel sollen sie von sieben anderen leiblichen, bösen Sachen geplagt werden.

Deshalb brauchst du dich nicht wundern, wenn ich Nachsicht mit den Bösen habe, oder wenn etwas Unwürdiges mit meinem Sakrament zu geschehen scheint, denn um meine Geduld und die Undankbarkeit der Menschen zu zeigen, ertrage ich alles bis zum Ende. Und du sollst nicht denken, dass eine solche Unwürdigkeit, wie du sie von dem gehört hast, der (die Hostie) ausspuckte, mit meinem Leib geschieht, sondern so etwas geschieht, um die Undankbarkeit der Menschen zu offenbaren und zu zeigen, dass sie unwürdig sind, etwas so Heiliges zu empfangen.

Weiter sagte der Geist zu der Seele des Toten: „O Seele, freue dich und juble, denn dein Glaube hat dich vom Teufel geschieden, deine Einfalt hat den langen Weg durchs Fegefeuer für dich abgekürzt, und deine Geduld hat dich zur Ehrenpforte geführt. Meine Barmherzigkeit wird dich hineinführen und dich krönen.“