92. Kapitel

In Gegenwart der Braut brachte ein Mönch dem König von Schweden und seinem Berater das Buch, das Vitas patrum heißt und las daraus vor, dass viele der heiligen Väter sich durch allzu große Enthaltsamkeit und eine unkluge Lebensweise selbst betrogen, und sagte, er würde deshalb fürchten, dass die Braut (Birgitta) sich vielleicht in gleicher Weise betrogen habe.

Als sie danach im Gebet versunken war, hörte sie Christus zu ihr sagen: „Warum sagte dieser Mönch, dass viele Heilige sich selbst betrogen hätten? In Wahrheit, dieser Schwätzer sagte, was er wollte, aber nicht, was er sollte. Denn keine meiner Freunde, die mich wirklich geliebt haben, haben sich betrogen. Nur die, die mit ihrer Enthaltsamkeit und ihrer Gerechtigkeit prahlten, sich für mehr als andere hielten und den Demütigen nicht gehorchen wollten, haben sich betrogen.

Und weil dieser Mönch das Buch über die heiligen Väter (deren Nachfolger er nicht ist) gegen mich vorbrachte, so werde ich das Buch meiner Gerechtigkeit gegen ihn vorbringen, und der, der jetzt mit seiner Weisheit gepriesen wird, er soll vor meine Weisheit kommen, und da wird er in seinem Gewissen sehen, dass die wahre Weisheit nicht in hohen Worten liegt, sondern in einem reinen Gewissen und in wahrer Demut. O wie weit haben sich die Bekenner dieser Worte von den Fußspuren ihres Vaters entfernt, der wie ein Erneuerer von Niedergebrochenen Mauern und wie ein Mann war, der auf den Pfaden der Vollkommenen voranschreitet.“