27. Kapitel

Gottes Sohn sprach zur Braut und sagte: ”Ich sagte dir vorher, dass sich in dem dritten Haus Geräte von dreierlei Art befinden sollten. Zuerst Gefäße, in denen Flüssigkeiten enthalten sind. Zweitens Werkzeuge, mit denen das Land außerhalb des Hauses bearbeitet werden kann, wie Egge und Axt und solche, mit denen zerbrochene Dinge repariert werden können. Drittens lebende Tiere, wie Esel, Pferde und dergl., mit denen lebende und tote Dinge befördert werden können.
Aber im ersten Haus, wo die Flüssigkeiten sind, muß es Geräte von drei Sorten geben. Erstens Gefäße oder Behälter, in denen Flüssigkeiten wie Wasser, Öl und Wein aufbewahrt werden. Im zweiten Behälter oder Gefäße, in denen bittere und festere Dinge wie Senf, Mehl und solche Dinge aufgehoben werden.

Kannst du verstehen, was dies bedeutet? Die Flüssigkeiten bezeichnen sicher gute und schlechte Gedanken der Seele. Der gute Gedanke ist nämlich wie ein liebliches Öl und wie ein angenehmer Wein, aber der schlechte Gedanke ist wie bitterer Senf, denn er macht die Seele bitter und unruhig. Und wie der Mensch bisweilen starke Getränke braucht, die – wenn sie auch nicht viel zum Unterhalt des Körpers beitragen – doch zur Reinigung und Heilung des Körpers und Gehirns dienen – so machen schlechte Gedanken die Seele sicher nicht fett und machen sie nicht satt, wie es das Öl der guten Gedanken tut, aber sie tragen doch zur Reinigung der Seele bei, wie der Senf zu der des Hirns. Denn wenn nicht manchmal schlechte Gedanken aufsteigen würden, wäre der Mensch ein Engel und kein Mensch, und er würde glauben, dass er alles von sich selber hätte.

Daher ist es notwendig, damit der Mensch seine Schwachheit versteht, die er von sich selber hat, und seine Stärke, die er von mir hat, dass ich ihn in meinem großen Erbarmen manchmal von schlechten Gedanken versuchen lasse, die – soweit der Mensch ihnen nicht zustimmt, eine Reinigung für seine Seele und ein Schutz für seine Tugenden sind. Und wenn sie auch bitter wie Senf zu ertragen sind, so heilen sie doch in hohem Maß die Seele und führen sie zum ewigen Leben und zur Gesundheit, die er nicht ohne Bitterkeit gewinnen kann.

Daher muß das Gefäß der Seele, in dem gute Gedanken verwahrt werden sollen, fleißig in Ordnung gehalten und ständig gereinigt werden, denn es ist nützlich, dass auch schlechte Gedanken entstehen, zur Prüfung und zu größerem Verdienst des Menschen, aber die Seele soll genau darauf achten, dass sie ihnen nicht beipflichtet und sich an ihnen erfreut – sonst wird die Süßigkeit der Seele ausgegossen, und nur die Bitterkeit bleibt übrig.

Auch in dem zweiten Haus soll es zwei Arten von Geräten geben. Erstens solche zum Gebrauch außer Haus, mit denen die Erde draußen für die Saat bereitet und Unkraut vernichtet wird, wie Pflug und Egge. Zweitens Werkzeuge, die nützlich sind für das, was innerhalb und außerhalb des Hauses notwendig ist, wie eine Axt und dergl.
Die Geräte, mit denen das Land bearbeitet wird, bezeichnen die Sinne des Menschen, die zum Nutzen des Menschen wie der Pflug für den Boden eingerichtet sein sollen. Schlechte Menschen sind wie der Erdboden, denn sie denken immer nur an das Irdische.

Sie sind zu dürr, um Reue für ihre Sünden zu empfinden, denn die Sünde rechnen sie für nichts. Sie sind kalt in der Gottesliebe, denn sie suchen nichts anderes, als ihren Willen. Sie sind schwerfällig, Gutes zu tun, aber rasch dabei, die Ehre der Welt zu suchen. Daher soll der gute Mann sie durch seine äußeren Sinne veredeln, wie ein guter Bauer die Erde mit dem Pflug verbessert. Erst soll er sie mit seinem Mund veredeln, indem er das zu den Menschen sagt, was für die Seele nützlich ist, und sie lehrt, den Weg des Lebens zu gehen, und mit der Tat das Gute tut, das er kann, so dass sein Nächster durch Worte unterwiesen und ermuntert wird, Gutes zu tun.

Dann soll er mit den übrigen Gliedern seinen Nächsten veredeln, damit dieser Frucht bringt, und zwar mit einfältigen Augen, die das nicht sehen, was das Ehrgefühl verletzt, damit sein unverschämter Nächster lernt, in allen Gliedern sittsam zu sein. Er soll ihn mit Ohren veredeln, die etwas Unpassendes nicht hören, und mit Füßen, die schnell dabei sind, Gottes Werke zu tun. Dem auf diese Weise bearbeiten Boden will ich, Gott, durch die Arbeit des Landmanns den Regen meiner Gnade geben, und der Arbeiter wird sich über die Frucht der vorher dürren Erde freuen, wenn dort die Saat zu spießen beginnt.

Die Werkzeuge, die erforderlich sind, um die Dinge innerhalb des Hauses zu bearbeiten, wie die Axt und dergleichen, bezeichnen die kluge Absicht zum Handeln und gottesfürchtig darauf Achtzugeben. Denn das Gute, das der Mensch tut, soll er nicht wegen Ehrenbezeugungen der Menschen tun, sondern aus göttlicher Liebe zur ewigen Vergeltung. Deshalb soll der Mensch seine Werke genau prüfen und untersuchen, in welcher Absicht oder für welchen Lohn er sie tut, und wenn er da irgendwelche Hoffart in seinem Tun findet, so soll er sie gleich mit der Axt der Klugheit abhauen, so dass er – wie er außerhalb des Hauses seinen Nächsten veredelt, der sozusagen außerhalb des Hauses ist, d.h. der auf Grund seiner bösen Taten außerhalb der Gemeinschaft meiner Freunde ist, so soll er im Innern Frucht durch göttliche Liebe bringen.

Denn wie der Bauer, der kein Werkzeug hat, womit er kaputte Sachen reparieren kann, bald sehen muß, dass seine Arbeit vergeblich ist, so gelangen auch die Werke des Menschen nicht zur Vollkommenheit, wenn er sie nicht mit Klugheit prüft, wie sie erleichtert werden könnten, wenn sie allzu mühsam scheinen, und wie sie in Ordnung gebracht und verbessert werden können, wenn sie irgendwie entzweigegangen sind. Deshalb soll man nicht nur fleißig am Äußeren arbeiten, sondern auch das Innere gewissenhaft beobachten, wie und in welcher Absicht gearbeitet wird.

Im dritten Haus soll es lebende Geräte geben, die tote und lebende Dinge transportieren – wie Pferde, Esel und andere Tiere. Diese Werkzeuge sind das wahre Sündenbekenntnis. Dies ist es nämlich, was das Lebende und Tote in Bewegung setzt. Was bezeichnet das Lebende anders als die Seele, die durch meine Gottheit geschaffen ist und in Ewigkeit lebt?
Durch das wahre Bekenntnis kommt man Gott täglich immer näher. Denn wie das Tier umso stärker wird, Lasten zu tragen, und schöner anzusehen ist, je sorgsamer und besser es gefüttert wird, so stärkt das Bekenntnis auch die Seele, je öfter es geschieht, und je gewissenhafter die Seele Rechenschaft über das Geringste und das Größte ablegt, und sie gefällt Gott so sehr, dass er die Seele in Gottes Herz hineinführt.

Und was bezeichnet das Tote, das das Bekenntnis auch befördert, anderes als die guten Werke, die durch die Todsünde sterben? Denn die guten Werke, die durch Todsünden sterben, sind tot für Gott – nichts Gutes kann Gott nämlich gefallen, wenn nicht zuerst die Sünde durch den vollkommene Willen oder das Tun zurechtgebracht wird.
Süße und stinkende Dinge können ja nicht gleichzeitig in einem Gefäß stecken. Aber wenn jemand seine guten Taten durch Todsünden zunichte macht und dann ein wahres Bekenntnis über die begangenen Sünden ablegt, mit dem Willen, sich zu bessern und sich in Zukunft in Acht zu nehmen, so werden die guten Werke, die vorher tot waren, durch das Bekenntnis und die Tugend der Demut gleich wieder zum Leben erweckt und gereichen dem Mann zum Gewinn für die ewige Erlösung.

Wenn er stirbt, ohne ein Sündenbekenntnis abgelegt zu haben, können die guten Werke gewiß nicht sterben oder zunichte werden, aber er kann auf Grund der Todsünde auch ihretwegen nicht das ewige Leben gewinnen. Doch können sie eine leichtere Strafe für ihn oder Erlösung für andere bewirken, wenn er diese guten Taten mit göttlicher Absicht und zu Gottes Ehre getan hat. Aber wenn er diese Werke für weltliche Ehre und zum eigenen Nutzen getan hat, dann werden diese Taten zunichte, wenn der, der sie getan hat, stirbt, denn er hat ja seinen Lohn von der Welt erhalten, für die er gearbeitet hat.

Deshalb, meine Braut (mit dir meine ich alle meine Freunde), wollen wir in unseren Häusern die Dinge sammeln, durch die Gott mit der frommen Seele geistlich erfreut werden will. Im ersten Haus sollten wir zuerst das Brot des ehrlichen Wollens sammeln, indem wir nichts anderes wollen als das, was Gott will, ferner das Getränk des göttlichen Erwägens, indem wir uns nichts anderes vornehmen, ohne an Gottes Ehre zu denken, drittens die Zukost der göttlichen Weisheit, indem wir stets daran denken, was geschehen wird, und wie das Gegenwärtige geordnet werden soll.

Im zweiten Haus sollen wir Frieden mit Gott sammeln, indem wir uns von Sünden fernhalten, und Frieden mit dem Nächsten haben, indem wir uns von Zwist fernhalten. Weiter Werke der Barmherzigkeit, mit denen wir dem Nächsten nützlich sind; drittens vollkommene Enthaltsamkeit, womit wir das bezähmen, was den Frieden stören will. Im drittens Haus sollen wir vernüftige und gute Gedanken sammeln, um unser Haus innen auszuschmücken, zweitens wohl gezügelte und bezähmte Sinne, um unsere Freunde nach außen hin zu erleuchten. Drittens ein wahres Sündenbekenntnis, wodurch wir wieder aufleben können, falls wir krank werden.

Aber wenn auch die Häuser da sind, kann das Gesammelte doch nicht darin verwahrt werden, wenn sie keine Türen haben, und die Türen können nicht ohne Scharniere hängen und nicht ohne Schlösser aufgeschlossen werden. Deshalb muß, damit das Gesammelte unbeschädigt bleibt, im Hause eine Tür angebracht werden, in der festen Hoffnung, dass nicht irgendwelchen Feinden eingebrochen wird.

Diese Hoffnung soll zwei Angelpunkte haben, was bedeutet, dass der Mensch nicht verzagen soll, Ehre zu gewinnen, sondern sich in jeder Widerwärtigkeit mit Gottes Barmherzigkeit trösten und auf bessere Dinge hoffen soll. Das Türschloss soll aber die göttliche Liebe sein, womit die Tür versiegelt werden soll, so dass kein Feind hineinkommen kann. Denn was nützt es, eine Tür ohne Schloß und eine Hoffnung ohne Liebe zu haben. Wenn jemand auf ewigen Lohn und auf Gottes Barmherzigkeit hofft, aber dabei Gott nicht liebt und fürchtet, dann hat er sozusagen eine Tür ohne Schloß, durch dir der Todfeind eindringen kann, wann er will, und ihn töten kann.

Die richtige Hoffnung liegt darin, dass der, der hofft, auch das Gute tut, was er kann. Er kann ja das Himmlische nicht gewinnen, wenn er das Gute gewusst hat und es hätte tun können, aber es nicht wollte. Wenn aber jemand versteht, dass er in dir Irre gegangen ist und nicht das getan hat, was er gekonnt hätte, so soll er den guten Willen haben, das Gute zu tun, was er kann, und wenn er es mit der Tat nicht tun kann, so soll er fest hoffen, dass er Gott auch durch seinen guten Willen und die göttliche Liebe nahen kann.

Also muß die Tür d.h. die Hoffnung, durch göttliche Liebe befestigt werden, und wie das Schloß innen viele Zacken hat, so dass es der Feind nicht öffnen kann, so muß man in der göttlichen Liebe darauf achten, Gott nicht zu verletzen, und sich liebevoll fürchten, nicht von ihm abzuirren, weiter brennend darum besorgt zu sein, wie Gott geliebt werden, und wie man ihm nachfolgen kann. Außerdem soll man betrübt sein, dass man nicht so viel tun kann, wie man es gern wollte, und wozu man sich verpflichtet hält, und man soll Demut haben, so dass der Mensch im Hinblick auf seine Sünden das Gute, das er tut, für nichts erachtet. Mit diesen Zacken muß das Schloß gesichert werden, so dass nicht der Teufel das Schloß der Liebe leicht öffnen und seine eigenen falsche Liebe hineinstecken kann.

Der Schlüssel, mit dem das Schloß geöffnet und verschlossen wird, soll unsere Sehnsucht nach Gott allein sein, im Zusammenwirken mit göttlicher Liebe und göttlichem Wirken, so dass der Mensch, auch wenn er es könnte, nichts außer Gott haben will, und dies um seiner großen Liebe willen. Diese Sehnsucht schließt Gott in der Seele ein und die Seele in Gott, denn beider Wille ist ein und derselbe.
Nur Mann und Frau, d.h. Gott und die Seele, sollen diesen Schlüssen haben, so dass Gott, so oft er will, eintreten und sich am Guten, d.h. den Tugenden der Seele erfreuen will, dank dem Schlüssel beständiger Sehnsucht freien Eintritt haben kann.

Und so dass auch die Seele, so oft sie in Gottes Herz eingehen will, das frei können soll, da sie nichts anderes ersehnt, als Gott. Dieser Schlüssel wird durch die Wachsamkeit der Seele und das Wachen über ihre Demut aufbewahrt, wodurch sie Gott all das Gute zuschreibt, das sie besitzt, und der Schlüssel wird auch durch Gottes Macht und Gottes Liebe aufbewahrt, so dass die Seele nicht vom Teufel betört wird. Siehe, meine Braut, wie groß Gottes Liebe zur Seele ist! Steh deshalb fest und tu meinen Willen!“