122. Kapitel

Dieser ist mein Todfeind, denn er macht sich mit seinem Spott über mich lustig. Er setzt seinen Willen durch und frönt seiner Lust, so weit er kann. Er ist so wie der, der auf einer schmalen Brücke liegt, und an dessen linker Seite die größte Tiefe ist, aus der er sich nie mehr erheben kann, wenn er darein fällt, und an dessen rechten Seite ein Schiff ist, in das er hinabsteigen kann, denn dann kann er, wenn auch nur mit Mühe, davonkommen, und es besteht Hoffnung auf sein Leben.

Diese Brücke ist sein Leben, traurig und kurz; er steht da nicht wie ein mannhaft kämpfender Mann und auch nicht wie ein Pilger, der jeden Tag auf dem Wege weiter schreitet, sondern er liegt da ganz bequem und möchte das Wasser der Lust trinken. Deshalb stehen ihm zwei Dinge bevor, wenn er sich von der Brücke erhebt. Wenn er sich nach links wendet, d.h. sich den Werken des Fleisches zuwendet, landet er im Abgrund, d.h. in der Tiefe der Hölle. Wenn er aber ins Schiff hinunter springt wird er, wenn auch nur mit Mühe, davonkommen, denn es ist mühsam für ihn, die Strenge der Kirche und ihre Verordnungen zu akzeptieren, aber er wird dadurch erlöst werden.
Also soll er sich schleunigst umdrehen, so dass ihn nicht der Feind von der Brücke stürzen kann, denn dann wird er rufen, sondern nicht gehört und in Ewigkeit gepeinigt werden.“

Zusatz
Als dieser Mann sah, dass der König sich geändert hatte und dass er nicht wie früher bei ihm Gehör finden konnte, wurde er gegen Frau Birgitta feindlich gestimmt. Als sie einmal durch eine enge Straße ging, schüttete er aus einem Fenster Wasser über sie. Sie sagte da zu den Anwesenden: „Möge Gott ihn schonen und ihm dafür nicht in einem kommenden Leben vergelten.“

Darauf zeigte sich Christus Frau Birgitta während einer Messe und sagte: „Der Mann, der aus Bösewilligkeit aus dem Fenster Wasser auf dich geschüttet hat, er dürstet nach Blut und hat Blut vergossen; ersehnt sich nach der Welt und nicht nach mir. Er redet frech gegen mich, ehrt sein Fleisch statt mich, seinen Gott, und schließt mich von sich und seinem Herzen aus. Er soll sich vorsehen, dass er nicht in seinem Blute stirbt.“
Dieser Mann lebte dann nur noch kurze Zeit und starb an Nasenbluten, wie Birgitta vorausgesagt hatte.