22. Kapitel

Der Sohn spricht: „Wenn ich betrübt sein könnte, so könnte ich jetzt mit Recht sagen, dass ich es bereue, den Menschen geschaffen zu haben. Der Mensch ist nämlich jetzt wie ein Tier, das freiwillig ins Netz läuft, denn soviel man auch ruft, so folgt er doch der Begierde seines Willens. Und man kann dem Teufel nicht völlig unterstellen, dass er den Menschen mit Gewalt zu sich zieht, denn der Mensch geht selbst mit seiner Schlechtigkeit voraus. Wie Jagdhunde, die erst in der Koppel geführt werden, kommen sie rascher an die Beute als der Hundeführer, weil sie daran gewöhnt worden sind, das Wildbret zu packen und zu zerreißen.

So ist auch der Mensch, an die Sünde gewöhnt und von ihr verhext, mehr bereit zu sündigen, als der Teufel ihn zu versuchen. Das ist nicht verwunderlich, denn es war lange her, dass der apostolische Stuhl, das Haupt der Welt, Gott durch die Heiligkeit seines Lebenswandels und sein Beispiel Gott besänftigt hatte, wie er es früher tat, und deshalb sind die übrigen Glieder der Kirche schwach und kümmerlich geworden. Und man bedenkt nicht, warum Gott, der so reich ist, arm und bloß geworden ist: Das ist er ja geworden, um uns zu lehren, dass das Vergängliche verachtet und das Himmlische geliebt werden soll.

Aber dass der Mensch, der von Natur aus arm ist, durch falsche Reichtümer reich geworden ist, das möchten alle nachmachen, und es sind wenig, die es nicht nachahmen. Deshalb wird der Pflüger kommen, ausgesandt vom Allmächtigen und geschärft vom Allerweißesten. Er fragt nicht nach Grundbesitz und nach körperlicher Schönheit, fürchtet nicht die Kraft der Starken, zittert nicht vor Drohungen der Fürsten und sieht die Person nicht an, und er wird das Fleisch der Menschen säen (?) und das Haus der Geister niederreißen, die Leiber den Würmern überlassen, und die Seelen dem, dem sie gedient haben.

Deshalb sollen meine Freunde, zu denen ich dich sende, mannhaft und hurtig arbeiten, denn das, wovon ich rede, wird nicht erst in den letzten Tagen geschehen, wie ich vorher sagte, sondern schon in diesen Tagen. Viele von denen, die jetzt leben, werden es mit ihren Augen sehen, und so wird vollendet werden, was geschrieben steht: „Die Ehefrauen sollen Witwen werden, und ihre Kinder vaterlos, und alles, was Menschen begehren, wird ihnen genommen werden.“

Doch werde ich, der barmherzige Gott, die aufnehmen, die mit Demut zu mir kommen. Denen, die mit ihren Werken die Früchte der Gerechtigkeit vollkommen machen, werde ich mich selber schenken, denn es ist richtig, dass das Haus gereinigt wird, in das der König eingehen wird, um dass das Glas geputzt wird, so dass der Trank klar funkeln kann, und dass das Korn fest gedroschen wird, um von den Grannen getrennt zu werden.

Aber wie der Sommer nach dem Winter kommt, so werde ich auch nach den Leiden Trost bescheren, nämlich denen, die geringe sein wollen, und die das Himmlische höher schätzen, als das Irdische. Doch – wie der Mensch nicht zur selben Stunde geboren wird und stirbt, so wird dies alles erst vollendet, wenn die Zeit kommt. Du sollst aber wissen, dass ich mit manchen nach dem Sprichwort handeln werde: „Schlag ihn auf den Hals und lass ihn laufen, und soll der Schmerz ihn dazu bringen, sich zu beeilen.“

Mit anderen werde ich verfahren, wie geschrieben steht: „Tu deinen Mund auf, und ich werde ihn füllen.“ Aber zu anderen werde ich tröstend und ermunternd sagen: „Kommt, ihr Unwissenden und Einfältigen, und ich will euch Redegabe und Weisheit schenken, so dass die Redegewandten nicht dagegen ankönnen.“

So habe ich es in diesen Tagen gemacht: Ich habe die Einfältigen mit meiner Weisheit erfüllt, und sie widerstehen nun den Gebildeten. Ich habe die Großsprecherischen und Mächtigen vertrieben, und sie sind schleunigst davongegangen. Das ist nicht verwunderlich, denn, wie du gehört hast, habe ich den Weisen befohlen, den Schlangen die Zunge abzuschneiden, und sie wollten nicht. Und die Mutter[1]… will die Münder nicht austrocknen, wie ich gemahnt hatte, um das Feuer der Begierde im Herzen des Kindes auszulöschen. Deshalb habe ich sie in ihrer Stunde des Glücks niedergemacht und ihre Zungen abgeschnitten.“

[1]. Modern, som var allmogens ris – unverständlich.