17. Kapitel

Maria sprach zur Braut: „Tochter, wenn dein Feind dich mit der Lust an zeitlichen Gütern in Versuchung bringen will, so antworte ihm: „Feind, du hast nichts geschaffen, und deshalb kannst du mir auch nichts geben. Und auch wenn du es könntest, würde es doch bald vergehen und ein Ende nehmen.“ Wenn er dich mit der Freundschaft weltlicher Menschen versucht, so sage ihm: „Die Freundschaft der Welt endet mit Elend.“ Wenn er dich mit der Wollust des Fleisches versucht, so antworte ihm: „Das will ich nicht haben, denn es ist letzten Endes wie Gift und endet mit Trauer.“

Da zeigte sich der Teufel, und die Jungfrau Maria sage zu ihm: „Sag, wenn sie (Birgitta) zuhört: „Wo ist das, was du geschaffen hast?“ Der Teufel erwiderte: „Ich habe nichts geschaffen, denn ich war ein gutes geschaffenes Wesen, aber von mir selbst aus war ich schlecht.“ Die hl. Jungfrau sagte weiter: „Hat deine Freundschaft je ein glückliches und freudenreiches Ende genommen?“ Der Teufel antwortete: „Das ist noch nie passiert und wird auch nie geschehen.“
Zum dritten Mal sagte die hl. Jungfrau: „Antworte und sag: „Hat deine Lust jemals ein gutes Ende genommen?“ Der Teufel sagte: „Nein, die hat nie ein gutes Ende genommen und wird es niemals nehmen, denn sie beginnt im Bösen und führt zum Bösen.“

Danach sagte der Teufel zur Jungfrau (Maria): „Jungfrau, gib mir Macht über diese!“ Die Jungfrau sagte: Warum nimmst du sie nicht in deine Gewalt?“ Der Teufel erwiderte: „Ich kann das nicht, denn ich kann zwei Blutarten nicht trennen, die im selben Gefäß vermischt sind. Das Blut von Gottes Liebe ist nämlich mit dem Blut ihrer Herzensliebe vermischt.“

Da sagte die hl. Jungfrau: „Warum lässt du sie denn nicht in Frieden?“ Der Teufel entgegnete: „Das werde ich niemals tun, denn wenn ich sie nicht durch eine Todsünde umbringen kann, werde ich sehen, dass sie für lässliche Sünden gegeißelt wird. Und wenn ich das nicht durchführen kann, werde ich meine Kletten in ihren Rock werfen, so dass sie auf vielerlei Weise dadurch belästigt wird, bevor sie sich davon befreien kann, d.h. ich werde ihrem Herzen allerlei Gedanken eingeben, durch die sie auf jede Weise beunruhigt werden wird.“
Die Jungfrau sagte: „Ich will ihr helfen. So oft sie sich davon befreit und sie dir zurück ins Gesicht wirft, wird ihr die Sünde vergeben, und ihre Krone und Belohnung erhöht werden.“

Zusatz
Frau Birgitta wurde eines Tages versucht, übermäßig viel zu essen. Im Geist entrückt, sah sie einen Neger mit einem Stück Brot in der Hand, und einen Jüngling mit einem vergoldeten Gefäß. Der Jüngling sagte zu dem Neger: „Warum plagst du sie, die meiner Pflege überlassen ist?“ Der Neger antwortete: „Weil sie mit einer Askese prahlt, die sie gar nicht gehabt hat, reiche ich ihr ein Stück Brot, damit sie von Lust auf fetteres Essen gepackt wird. Denn euer Christus fastete eine lange Zeit und aß nichts: Die Propheten aßen Brot und tranken maßvoll. Daher haben sie sich hohe Dinge erworben, aber wie soll sie das verdienen können, die immer Hunger hatte?“

Der Jüngling antwortete: „Christus hat nicht gelehrt, dass man fasten soll, damit der Körper geschwächt wird, auch wollte er nichts, was der Natur unmöglich ist, sondern nur, dass man sie zügelt. Er fragt nicht, was und wie viel einer verzehrt, sondern in welcher Absicht und Liebe das geschieht. Eine Gewohnheit aus guter Erziehung soll man mit frommer Danksagung einhalten, so dass das Fleisch nicht zu schwach wird.“
Dann verschwand der Dämon, und Frau Birgitta wurde von der Versuchung befreit.