18. Kapitel

Manche sind wie ein bedürftiger und durstiger Mann. Dessen Wirt hört seine Stimme und gibt ihm das beste Getränk, das er hat, aber nachdem der Gast den Trank bekommen und ihn probiert hat, sagt er: „Dieser Trank gefällt mir nicht, und ich danke dir nicht dafür!“
So wirft er dem Geber den Trank ins Gesicht und beschimpft ihn zum Dank für diesen Liebesdienst. Nach einer solchen Beschimpfung denkt der milde Bauer bei sich selbst: „Mein Gast hat mir ein schweres Unrecht zugefügt, aber ich will mich bei ihm dafür nicht rächen, bevor die Zeit dafür nicht da ist, und wir beide vor den Richter kommen. „Danach trocknet er die Flecken von seinem Gesicht und seiner Stirn ab.

So verhalten sich jetzt viele Menschen mit einem reinen Lebenswandel mir gegenüber. Denn in ihrer Armut, ihrer Schmach und Zeitweisen Not rufen sie zu mir uns sagen: „Herr, von allen Seiten trifft uns Schmach und Trübsal; gib uns einen Trost!“ Da fühle ich in meiner großen Barmherzigkeit mit ihnen Mitleid, und ich gebe ihnen den besten Wein, nämlich den Heiligen Geist, dessen Süßigkeit ihre Seelen erfüllt, und dessen Glut sie dazu bringt, ihre Schmach und Armut zu vergessen.

Aber nachdem sie den Wein meines Geistes gekostet und ihn eine Weile behalten haben, mögen sie ihn nicht mehr und danken mir nicht dafür, sondern schütten ihn mir ins Gesicht, indem sie überlegen und wünschen, es sei besser, mit der Welt zu sein, oder sich auch mit der Gnade grosstun, die sie haben.
So handelt auch der Mann gegen mich, den du kennst. Als er arm und verlassen war, habe ich ihn mit meinem Geist getröstet; als er verachtet und keine geistliche Freude mehr hatte, habe ich ihn mit meiner Freude erquickt. Denn wenn ich auch nicht mit menschlicher Stimme rede und meine Worte nicht direkt zu hören sind, so mahnt doch mein Geist meine Auserwählten heimlich, das Gute zu tun und bestärkt sie zu dem, was noch besser ist.

Dieser Mann schmeckte meinen Geist und nahm die Gnade meines Trostes an, aber nun hält er das, was ich ihm gab, fast für nichts und überlegt, mir meinen Trank ins Gesicht zu werfen. Aber er hat das noch nicht getan. Jetzt kannst du sehen und betrachten, wie geduldig und barmherzig ich bin! Es ist nämlich nicht genug damit, dass ich ihn geduldig ertrage, sondern für seine Undankbarkeit belohne ich ihn noch mit Gutem. Denn er genießt ja größere Ehre und größeres Wohlwollen von Menschen als früher, und er hat die lebensnotwendigen Dinge reichlicher als sonst, aber dafür dient er mir weniger als früher.
Meine Gnade rechnet er für nichts, und meine Liebe achtete er nicht. So benimmt er sich wie der Mann, der bei sich überlegt, dem Geber seinen Trank ins Gesicht zu schütten, denn die Welt, die er verlassen hat, bietet seinem Sinn mehr Vergnügen als ich. Was er auf sich genommen hat, erscheint ihm mühselig, und er ist des geistlichen Lebens überdrüssig.

Der veränderte Geruch kann dir das noch besser zeigen. Denn solange er mir von ganzem Herzen diente und sich mit Eifer an mich anschloss, war ein lieblicher Wohlgeruch in seinen Kleidern spürbar. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die tugendreichen Engel umgeben und schützen Gottes Freunde täglich. Aber jetzt, seitdem sein Wille sich geändert hat, ist sein Geruch ein anderer – ja, man spürt einen Geruch, der der Absicht und dem Willen seines Sinnes widerspricht.
Was soll ich machen, wenn mir mein Trank ist Gesicht geschüttet wird? Ja, ich will ihn trocknen wie ein sanftmütiger Mann und geduldig warten, bis die Zeit meines Gerichtes und die große Sache kommt – dann wird die Undankbarkeit und Vermessenheit des Lästerers und die Geduld des nachsichtigen Herrn allen offenbar werden.“