34. Kapitel

Maria sprach: „Mein Sohn ist wie ein König, der einen Staat hatte, in dem es siebzig führende Persönlichkeiten gab. In jedem Regierungsbezirk gab es nur einen, der dem König treu war. Als diese Treuen sahen, dass die Treulosen nur Tod und Verdammung erwartete, schrieben sie an eine Frau, die die vertraute Frau des Königs war, und baten sie, dass sie für diese Leute bitten und den König bewegen sollten, ihnen ermahnende Worte zu schreiben, dass sie ihre Halsstarrigkeit aufgeben sollten.

Als die Frau mit dem König redete und ihn bat, diese treulosen Menschen zu retten, antwortete er ihr: „Ihnen bleibt nichts anderes als der Tod, und den haben sie verdient. Doch werde ich ihnen um deiner Bitten willen zwei Worte schreiben. Im ersten Wort werden drei Dinge genannt: Erstens die Verdammung, die sie verdienen, zweitens Armut, drittens die Schande, die sie für ihre Taten verdienen. Das zweite Wort ist, dass jeder, der sich demütigt, Gnade finden und sich des Lebens freuen soll.

Als der Brief, der diese beiden Worte enthielt, die Treulosen Erreichte, sagten einige von ihnen: „Wir sind ebenso stark wie der König, und deshalb können wir uns auch verteidigen.“ Andere sagten: „Wir kümmern uns weder um Leben oder Tod, und was einmal unser Los sein wird, das kümmert uns nicht sehr.“ Andere sagten: „Das, was wir gehört haben, ist falsch und erdichtet, denn dieses Wort ist niemals aus dem Mund des Königs ausgegangen.“

Als die Treuen diese Antworten vernahmen, schrieben sie zum zweiten Male an die Frau, die die Vertraute des Königs war, und sagten: „Diese Treulosen glauben den Worten des Königs oder unseren nicht. Bitte daher den König, dass er ihnen ein besonderes Beglaubigungszeichen schickt, so dass sie glauben, dass der Brief vom König herrührt.“
Als der König das hörte, sagte er: „Zwei Dinge gehören besonders zum König, nämlich die Krone und der Schild. Die Krone kann niemand tragen als der König, und der Schild stiftet Frieden unter denen, die sich streiten. Deshalb werde ich ihnen diese beiden Dinge senden, so dass sie vielleicht meinen Worten glauben und mit ihrer Bosheit aufhören.“

Dieser König bedeutet keinen anderen, als meinen Sohn, der der König der Ehren und Gottes Sohn und meiner ist. Er hat einen Staat, nämlich die Welt, und da gibt es 70 Sprachen, die wie 70 Großkreise sind. Und in jeder Sprache gibt es einen Freund für meinen Sohn, d.h. es gibt keine Sprache, in der es nicht ein paar Freunde für meinen Sohn gibt – sie werden als eins bezeichnet, wegen der Einheit von Glaube und Liebe.

Ich bin die Frau, die die Vertraute des Königs ist, und an mich haben meine Freunde, die sehen, dass Elend die Welt bedroht, ihre Gebete gerichtet, in denen sie gebeten haben, dass ich den Zorn meines Sohnes über die Welt besänftige. Und mein Sohn hat – bewegt durch meine Bitten und die der Heiligen – der Welt diese Worte aus seinem Munde gesandt, die von Ewigkeit in seinem Vorherwissen gewesen sind.

Damit sie glaubwürdig und nicht als erdichtet angesehen werden, habe ich als Zeichen die Krone und den Schild des Königs erwirkt: Die Krone als Zeichen für die Macht über die bösen Geister, die einem verliehen werden soll; den Schild für das Werk des Friedens, der einem anderen gegeben werden soll, nämlich um das Herz der Streitenden in ein anderes Herz zu wandeln und gegenseitige Liebe in ihnen zu entzünden. Die Worte meines Sohnes sind nur wie zwei Worte, denn in allem, was er sagt, gibt es nur diese beiden Dinge: Verdammung derer, die sich verhärten, und Barmherzigkeit für die, die sich demütigen.“

Dann sagte der Sohn zur Mutter: „Gesegnet seist du! Du bist wie die Mutter, die ausgesandt wird, um für ihren Sohn eine Frau zu suchen. So sende ich dich zu meinen Freunden, die die Seelen der Auserwählten in einer geistlichen Ehe mit mir vereinen. Für deine große Barmherzigkeit und Liebe, mit der du die Seelen so glühend liebst, gebe ich dir die Macht über diese Krone und den Schild, dass du sie nicht nur diesen beiden geben kannst, sondern auch anderen, denen du es willst. Du bist voller Barmherzigkeit, und daher überträgst du alle Barmherzigkeit von mir auf die Sünder. Gesegnet sei ein jeder, der dir dient; er wird weder im Tode noch im Leben verlassen sein.“

Dann sprach die Mutter wieder zur Braut: „Es steht geschrieben, dass Johannes der Täufer vor dem Antlitz meines Sohnes herging, das aber nicht alle sahen, weil er in der Einöde war. So gehe auch ich mit meiner Barmherzigkeit dem schrecklichen Gericht meines Sohnes voraus, das kommen wird. Sag ihm, der die Krone besitzt, deshalb in meinem Namen, dass – so oft er in sich den Geist und die Glut meines Sohnes spürt, die er gewohnt ist, er über dem Besessenen diese Worte lesen soll: „Durch Gott Vater, der mit dem Sohn und dem Heiligen Geist der Schöpfer und Richter aller Dinge ist, der seinen gesegneten Sohn mit sich selbst um unserer Erlösung willen in den Schoß der Jungfrau Maria gesandt hat, gebiete ich dir unreiner Geist, dass du zu seiner Ehre und um der Gebete der Jungfrau Maria willen von diesem geschaffenen Wesen Gottes weichst – im Namen dessen, der von der Jungfrau geboren wurde, Jesus Christus, der ein Gott mit dem Vater und dem Heiligen Geist ist.“

Sag darauf zu dem anderen, der den Schild hat: „Du hast mich oft als deinen Boten zu Gott gesandt, damit ich meinen Sohn für dich bitten soll. Nun bitte ich dich, dass du als mein Bote zum Oberhaupt der Kirche gehst, denn auch wenn Luzifer da sitzen sollte, sollen die Worte meines Sohnes nach seinem Willen in Erfüllung gehen.

Aber wenn er nach Frankreich kommt und die Fürsten vor ihm zusammenkommen, dann soll er sie diese Worte hören lassen: „Gott, der wie der Vater und der Heilige Geist Schöpfer aller Dinge ist, er, der gewürdigt wurde, in den Schoß der Jungfrau herabzusteigen und seine Gottheit mit der Menschengestalt zu vereinen, ohne sich jedoch von der Gottheit zu trennen – er, der den Menschen so liebte, dass er – als er den Speer, die spitzen Nägel und alle Todeswerkzeuge vor sich sah – doch lieber sterben und alle scheußlichen Geräte des Todes ertragen wollte, seine Sehnen zerschneiden und seine Hände und Füße durchbohren lassen wollte, als die Liebe aufzugeben, die er für den Menschen hatte – er möge euch um seiner Pein willen zu einem Herzen vereinen, euch, die ihr bisher getrennt gewesen seid.“ Dann soll er, so wie mein Geist ihm eingeben wird, ihnen die Qual der Hölle, die Freude der Gerechten und die Vergeltung für die Bösen ausmalen.“