53. Kapitel

Der Sohn spricht zur Braut und sagte: „Es ist eine große Sache, ja etwas Seltsames, dass dort, wo der König der Ehren gedemütigt wurde, da will der Mensch, der verpflichtet ist, Rechenschaft abzulegen, sich vor Hochmut grosstun. Denn wenn jemand über andere befiehlt, soll er sich nicht etwas darauf einbilden, dass er der Vorgesetzte ist, sondern soll sich eher fürchten, denn alle sind von der gleichen Natur, und alle Macht ist von Gott. Wenn der, der den Befehl hat, gut ist, so ist das von Gott und zu seinem eigenen oder zu anderer Vorteil; ist er schlecht, so geschieht es mit Gottes Zulassung und zur Besserung seines Untergebenen und zu seiner eigenen Strafe.

Das ist nicht zu verwundern; nein, es ist angemessen und gerecht, dass der Mensch, der es abgelehnt hat, seinem Schöpfer untertan zu sein, die Herrschaft eines Geringeren erfahren muss, eines Menschen, der ihm gleich ist. Wenn einer gezwungen ist oder es wünscht, übergeordnet zu sein, dann soll er sich seinen Untergebenen so zeigen, dass er in seinen Sitten und seinem Wandel nachahmenswert ist sowie in seiner Gerechtigkeit und unparteiischen Einstellung geeignet dafür ist.

Nachdem die Natur aller Menschen gleich ist, muss ein jeder, der Vorgesetzter ist, sich demütigen und sich selbst davor hüten, dass er sich nicht überheben kann, und selbst soll er lernen, mit anderen Mitleid zu haben. Er muss auch fürchten, dass er nicht mit demselben Maß gemessen wird, mit dem er andere misst. Ich, Gott und Mensch, habe eine solche Mäßigung und Beherrschung gezeigt, dass ich – obwohl ich durch mein Wissen die Schwachheit des Menschen empfunden habe, doch Qualen und den Kreuzestod erlitt, um das wirklich zu erfahren, was ich schon vorher wusste. Um mich anderen als Beispiel zu geben, habe ich selber das getan, was ich lehrte, und ich wollte dienen, nicht bedient werden.

Auch meine Mutter, die doch die Herrscherin der Apostel war, liebte die Demut mehr als alles andere und war wie eine unter den allergeringsten, und deshalb stieg sie auf zur höchsten Glückseligkeit. Der Vorgesetzte muss also durch seine eigenen Schwächen die Mängel seiner Untergebenen kennenlernen. Und er soll sich davor hüten, dass er nicht durch Worte oder Beispiele oder Missbrauch seiner eigenen Macht anderen Gelegenheit und Anlass gibt, zu sündigen – denn nichts reizt Gott so zum Zorn und verleitet den Menschen so zur Sünde, wie die Zügellosigkeit seines Vorgesetzten.

Denn wenn der Priester Eli so wie Pinehas und Mose die Worte ihres Priestertums beachtet und ihre Söhne geistlich geliebt hätten, so wäre sein ganzes Geschlecht erlöst worden, aber weil er seinen Söhnen in fleischlicher Weise gefallen wollte, verließ er sein Gedächtnis zur Trauer für sich selbst und zur Schande für seine Nachkommen.