62. Kapitel

Die Mutter spricht: „Als ich eines Tages, ein paar Jahre nach der Himmelfahrt meines Sohnes, heftig von Sehnsucht geplagt wurde, heim zum meinem Sohn zu kommen, sah ich einen strahlenden Engel, den ich schon einmal früher gesehen hatte, und dieser sagte zu mir: „Dein Sohn, der unser Gott und Herr ist, hat mich gesandt, um dir zu verkünden, dass nun die Zeit da ist, da du körperlich zu ihm kommen sollst, um die Krone zu empfangen, die dir bereitet ist.“

Ich antwortete ihm: „Weißt du den Tag oder die Stunde, da ich diese Welt verlassen werde?“ Der Engel erwiderte: „Die Freunde deines Sohnes werden kommen und deinen Leib begraben.“ Nachdem er dies gesagt hatte, verschwand der Engel, und ich bereitete mich auf den Heimgang vor, indem ich nach meiner Gewohnheit alte Plätze durchwanderte, wo mein Sohn gelitten hatte.

Als meine Seele eines Tages von Verwunderung über Gottes Liebe erfüllt war, wurde meine Seele bei dieser Betrachtung von einer solchen Jubelfreude erfüllt, dass sie sich kaum halten konnte, und in diesen Betrachtungen wurde meine Seele vom Körper geschieden. Aber was für herrliche Dinge meine Seele da sah, und welche Ehre der Vater, der Sohn und der Heilige Geist ihr da bereitete, von welcher Menge an Engeln sie da erquickt wurde, das würdest du nicht fassen können, und ich will es dir auch nicht sagen, bevor deine Seele und dein Leib getrennt werden – obwohl ich dir schon etwas davon in dem täglichen Gebet gezeigt habe, das mein Sohn dir eingegeben hat. Aber die, die bei mir im Hause waren, als ich den Geist aufgab, verstanden etwas durch den seltsamen Lichtschein, was für göttliche Dinge mit mir vorgingen.

Danach wurden auf göttliche Veranlassung die Freunde meines Sohnes dorthin geschickt, die meine Seele im Tale Josaphat begruben, und bei ihnen waren Engel, zahlreich wie Sonnenstrahlen – aber die bösen Geister wagten nicht, sich zu nähern. Fünfzehn Tage weilte mein begrabener Leib in der Erde. Dann wurde er von einer Vielzahl von Engeln in den Himmel aufgenommen. Und die Stunde ist auch höchst geheimnisvoll, denn die Auferstehung der Leiber soll in der 7. Stunde erfolgen, und in der achten soll die Seligkeit der Seelen und Leiber vollendet sein.

Die erste Stunde reichte von der Entstehung der Welt bis zu der Zeit, da das Gesetz durch Mose gegeben wurde. Die zweite reichte von Mose bis zur Menschwerdung meine Sohnes. Die dritte war, als mein Sohn die Taufe stiftete und die Strenge des Gesetzes milderte. Die vierte war, als er selber mit Worten predigte und das mit seinem Beispiel bekräftigte.

Die fünfte war, als mein Sohn leiden und sterben musste, als er von den Toten aufstand und seine Auferstehung mit sicheren Beweismitteln bekräftigte. Die sechste war, als er zum Himmel aufstieg und den Heiligen Geist sandte. Die siebente beginnt, wenn er kommen wird, um zu richten, und alle mit ihren Leibern zum Gericht erscheinen werden. Die achte beginnt, wenn all das, was verheißen und prophezeit wurde, vollendet wird; dann wird eine vollkommene Glückseligkeit herrschen, da wird man Gott in seiner Herrlichkeit schauen dürfen, und die Heiligen werden strahlen wie die Sonne, und keine Trauer wird mehr herrschen.“