10. Kapitel

Die Mutter sagt: ”Fürchte dich nicht vor dem, was du nun sehen wirst, und glaube nicht, dass es von einem bösen Geist kommt. Denn so wie zwei Dinge kommen, wenn die Sonne aufgeht, nämlich Licht und Wärme, die nicht auf den dunklen Schatten folgen, so kommen bei der Ankunft des Heiligen Geistes im Herzen zwei Dinge, nämlich das Feuer der göttlichen Liebe und das vollkommene Licht des heiligen Glaubens. Diese beiden Dinge spürst du ja gelegentlich. Keins von ihnen kann auf den Teufel folgen, der mit einem dunklen Schatten zu vergleichen ist. Sende deshalb meine Botschaft zu dem, den ich dir nannte. Wenn ich auch sein Herz und seine Antwort und den flinken Hintern seines Leibes kenne, sollst du ihm trotzdem folgende Worte senden.

Ich will ihn darauf aufmerksam machen, dass auf der rechten Seite das Gebäude der heiligen Kirche so zerfallen ist, dass das höchste Gewölbe viele Risse bekommen hat, die Anlass zu so gefährlichen Einstürzen geben, dass viele, die darunter gehen, ihr Leben verlieren. Manche von diesen Pfeilern, die sich in die Höhe erheben sollten, beugen sich jetzt hinunter zur Erde, und der ganze Boden ist so voller Löcher, dass die Blinden, die eintreten, gefährlich fallen, ja es passiert zuweilen, dass sogar die, die klar sehen können, zusammen mit den Blinden wegen der gefährlichen Löcher in diesem Boden schwer hinstürzen. Deshalb ist Gottes Kirche in einer sehr gefährlichen Lage.

Und was steht ihr, wenn sie sich in einem solchen Zustand befindet, anders als Untergang bevor? Ich versichere dir, dass - wenn sie keine Hilfe zum Wiederaufbau erhält, ihr Fall so groß sein wird, dass es in der ganzen Christenheit widerhallt.
Ich bin die Jungfrau, in deren Mutterleib Gottes Sohn gewürdigt wurde, Platz zu nehmen, wobei jedoch die ansteckende Lust des Körpers völlig fehlte. Und dieser Sohn Gottes wurde aus meinem verschlossenen Schoß zur größten Erquickung für mich und ohne Schmerzen geboren.

Ich stand dann an seinem Kreuz, als er mit wahrer Demut das Totenreich besiegte und den Himmel mit seinem Herzblut öffnete. Ich war auch mit auf dem Berg, als derselbe Gottessohn, der auch mein Sohn ist, zum Himmel auffuhr. Ich kenne den ganzen katholischen Glauben sehr gut, den er verkündigte und alle die lehrte, die ins Himmelreich eingehen wollen.
Ich stehe nun über der Welt mit meinem eindringlichen Gebet, wie der Regenbogen sich über den Wolken des Himmels herab zur Erde senkt und sie mit seinen beiden Enden erreicht. Mit dem Regenbogen meine ich mich selbst. Denn ich senke mich auf die Bewohner der Erde herab und rühre die Guten und die Bösen mit meinem Gebet an. Ich beuge mich zu den Guten herab, damit sie beständig dabei bleiben, das zu tun, was die heilige Kirche gebietet, und zu den Bösen, dass sie nicht mit ihrer Bosheit fortfahren und noch schlimmer werden.

Ihm, den ich dir genannt habe, teile ich mit, dass von einem Ende der Erde dunkle, schreckliche Wolken aufziehen, um die Klarheit des Regenbogens zu verdunkeln. Mit diesen Wolken meine ich solche, die in ihrem Fleisch ein unzüchtiges Leben führen und in ihrer Geldgier unersättlich und ohne Boden wie die Tiefe des Meeres sind, und die ihre Güter in unverständiger und verschwenderischer Weise aus weltlicher Hoffart weggeben, wie der reißende Strom sein Wasser ausgießt.
Diese drei Sünden werden jetzt von vielen Vorstehern der Kirche begangen, und sie steigen frech und abscheulich hinauf zum Himmel vor Gottes Angesicht und verdunkeln mein Gebet, wie die dunklen Wolken den klaren Regenbogen. Und die, die stattdessen Gott zusammen mit mir besänftigen sollten, erwecken also Gottes Zorn gegen sich selber. Solche Menschen dürften in Gottes Kirche nicht in höhere Ämter gelangen.

Wer also daran arbeiten will, dass das Fundament der Kirche fest steht, und der wünscht, den gesegneten Weinberg wieder herzustellen, den Gott selbst mit seinem Blut begründet hat, aber hält sich für zu schwach zu diesem Werk, so will ich, die Himmelskönigin, ihm mit allen Engelscharen zu Hilfe kommen, um die angegriffenen Wurzeln auszureißen und die unfruchtbaren Bäume ins Feuer zu werfen, um zu verbrennen, und an ihrer Stelle frische und fruchtbringende Schösslinge zu pflanzen. Mit dem Weinberg meine ich Gottes Kirche, in der Demut und Liebe zu Gott erneuert werden müssen.“

Zusatz
Gottes Sohn sagt über den Nuntius des Papstes: Ihr seid zu einer Versammlung von großen Männern gekommen, und ihr sollt zu etwas noch Höherem aufsteigen. Daher ist der überaus verdienstreich, der daran arbeitet, dass die Demut erhöht werde, denn der Hochmut ist schon viel zu hoch gestiegen. Große Ehre wird auch der erfahren, der Liebe zu den Seelen hat, denn Ehrgeiz und Simonie herrschen jetzt bei so vielen, so vielen.

Selig wird auch der genannt werden, der nach seinem Vermögen daran arbeitet, dass die Laster aus der Welt ausgerottet werden, denn die üben jetzt eine größere Herrschaft aus, als gewöhnlich. Es ist auch in hohem Maße nützlich, Geduld zu haben und darum zu beten, denn viele, die jetzt leben, werden erleben müssen, dass die Sonne sich in zwei Teile teilt, dass die Sterne zuschanzen werden, dass die Weisheit in Torheit verwandelt wird, dass die Demütigen auf Erden Tränen vergießen und die Übermütigen an die Macht kommen. Dies zu verstehen und zu deuten, kommt den Weisen zu, die das Unebene eben zu machen wissen und die Zukunft voraussehen können. Obige Offenbarung wurde dem Kardinal von Albano zugestellt, der damals Priester war.