Die Wunder der heiligen Birgitta

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Es geschah am dritten Pfingsttag 1374, dass ein Adliger namens Håkan Fadersson aus Sörby gård im Kreis Örtomta von seinen Feinden gefangen genommen und fest gebunden wurde und mehr als 30 Meilen von seinem Hause zum Meeresstrand geschleppt wurde, und dort war schon ein Schiff bereit, auf dem er weiter nach Deutschland überführt werden sollte, um dort leichter eine Geldsumme als Lösegeld erpressen zu können, was sie haben wollten.

Es gab also keine Hoffnung für den Mann, zu fliehen, und als er so am Strande stand, von Mühsalen umgeben, hörte er, dass die, die die sterblichen Überreste von Frau Birgitta aus Rom überführten, nicht weit von dem Platz rasteten, wo er sich selbst befand. Er rief sie also mit lauten Seufzern um Hilfe, damit er wenigstens in seinem Vaterland bleiben könnte. Und gleich kamen Soldaten aus der nahe gelegenen Festung Brömsehus – mehrere und stärkere als die, die ihn gefangen genommen hatten. Sie verhinderten, dass der Mann ins Ausland geführt wurde und bestimmten stattdessen, dass er an Ort und Stelle eine gewisse Geldsumme zahlen sollte, um aus der Gefangenschaft freizukommen.

So geschah es auch, und er wurde freigelassen, um sich frei in sein Eigentum zu begeben. Die ihm halfen, fragten nicht weiter nach ihm, sondern haben seine Feinde bis heute unterstützt. Als er nach Hause kam, kam er zu denen, die Birgittas Gebeine trugen, und folgte ihnen, bis sie die Gebeine in ihrem Kloster in Vadstena absetzten, was am 4. Juli desselben Jahres geschah, und er erzählte von der Gnade, die ihm widerfahren ist. Dann wurde er vom König des Reiches und von Adligen ausgelöst, so dass er nachher nicht eine einzige Münze an die zu bezahlen brauchte, die ihn gefangen genommen hatten. Zeugen sind die Adligen Håkan Campe auf Svenneby gård im Kreise Örtomta und Johan Upplänning auf Luestads gård im Kreise Rystad im Stift Linköping.

2
Ein Adliger namens Hans Smek in der Stadt Söderköping, Linköpings Stift, der die ehrwürdige Frau Birgitta offen beschimpfte, als sie zuerst am Fest der Apostel Peter und Paul im genannten Jahr nach Schweden kam, wurde von einem solchen Wahnsinn ergriffen, dass er nicht nur eine Menge Teufel sah, sondern zu einem Baum hinsprang, sich die Kleider vom Leibe riss, vor dem Baum die Knie beugte und sich gewaltsam geißelte. Und vorher pflegte er zu sagen: „Was kümmert mich das alte Weib und ihre Reliquien da? Wenn ich ein Pferd im Wert von vierzig Mark besäße, würde ich mich nicht das Geringste darum kümmern.

Nachdem er sich gegeißelt hatte, fand er eine elende Stute und ritt auf ihr bis zur St. Lars Kirche in Söderköping. Da machte er die Stute los, ging in die Kirche und schloß die Tür hinter sich zu. Als er allein war, schlug und verletzte er seinen Körper und seinen Kopf so schmerzhaft mit Ruten und Stöcken, dass seine Freunde, als sie das erfuhren, kamen und an die Tür klopften, damit er sie öffnete. Aber als er sich weigerte, kletterten sie schließlich durch einige Kirchenfenster hinein.

Als er das sah, verteidigte er sich mit den Stöcken, mit denen er sich vorher selbst geschlagen hatte, wie gegen wilde Feinde. Durch schlaue Ratschläge gelang es ihnen jedoch, ihn zu fangen, und sie führten ihn mit Gewalt zu seiner Herberge. Aber in seinem Wahnsinn biss er ihnen mit den Zähnen in die Finger, beschimpfte sie und rief: „Ihr verdammten Räuber und Gewalttäter, ihr habt ebenso wie ich schlecht von der seligen Frau Birgitta gesprochen, und so habt ihr ebenso wie ich Verdammung und die Gesellschaft der Teufel verdient.“

Als er offen seine und ihre Lasterhaftigkeit bekannt hatte, kam er schließlich zur Besinnung und gab das Versprechen ab, die heiligen Reliquien zu besuchen. Als es ihm einfiel, erst zum Heiligtum in Aachen zu gehen – denn das hatte er vorher versprochen, aber nicht gehalten – wurde er gleich von neuem angegriffen, und es wurde ihm ebenso wie neulich von einer Menge Teufel gefährlich zugesetzt, aber nachdem er sich erholt und von einem weisen Mann Rat geholt hatte, versprach er, das Vadstenakloster zu besuchen.

Als er sich dorthin begab, konnte er erst kaum gehen, als ob er von einer schweren Last bedrückt war, aber er ging mit der größten Demut in ärmlicher Tracht und barfuss aus Söderköping fort. Auf zwei langen Tagesreisen kam er an seinen Bestimmungsort, und er vollendete seine Fahrt mit solcher Leichtigkeit, als wäre er nie krank gewesen. Er dankte Gott und brachte ihm demütig seine Opfergabe dar.

Zeugen sind die ehrenwerten Männer Herr Lars, Pfarrer an der Kirche von St. Lars, und sein Bruder Herr Nils, der mit ihm zusammenwohnt, sowie Herr Toste, stellvertretender Pfarrer an der Kirche von St. Drotten in der genannten Stadt.
3
Ein Adliger namens Ragvald Nilsson aus dem Dorfe Hedinsö, Kreis Näshulta, Strängnäs Stift, wurde lahm, so dass er kein Glied auf der rechen Körperseite mehr gebrauchen konnte, und er verlor auch die Fähigkeit, zu sprechen, zu sehen und zu hören. Als seine Frau und der Ortspfarrer Johan dies sahen, bedauerten sie ihn natürlich sehr, und sie versprachen an seiner Stelle, da er das selbst nicht konnte, die Reliquien der heiligen Birgitta in Vadstena zu besuchen, und für jedes Glied, das seine natürliche Kraft verloren hatte, für eine Mark Wachs zu opfern.

Als dieses Versprechen abgelegt war, fühlte er sich darauf auf wunderbare Weise gesund. Bei der Morgenmesse kam er nach Vadstena und löste demütig sein Versprechen ein. Zeugen sind der genannte Herr Johan, Herr Vater Styrbjörn, Abt im Julita-Kloster im selben Stift, und Lars in Tjockby im genannten Kreis.